geschrieben 2025 von Johannes Engel (jojo_eng).
Veröffentlicht: 07.11.2025. Rubrik: Nachdenkliches
Sternennacht
Es war eine wolkenlose Nacht. Das silbrige Mondlicht fiel auf den See und zerbrach, als es die raue Wasseroberfläche berührte. Samuel wandte seinen Blick von der Reflexion ab und schaute in den Himmel. Die Sterne waren hell heute Nacht. Sie sahen fröhlich aus, entschied er, aber auch irgendwie ernst. So, als würden sie ihm durch ihr Leuchten etwas Wichtiges sagen wollen. Sie erzählten ihm viel, die Sterne. Vom Licht, der Dunkelheit und auch von der Einsamkeit.
Nicht, dass Samuel sich in seinem Leben einsam fühlen würde. Seine Familie liebte ihn und war immer für ihn da, noch dazu hatte er viele Freunde, auch einige sehr enge. Manche kannte er seit der Kindergartenzeit, andere hatte er erst vor kurzem kennengelernt. Es fiel Samuel nicht schwer, neue Kontakte zu knüpfen. Er liebte Menschen.
Doch sie sprachen nicht seine Sprache. Sie hörten ihm zu, aber verstanden nicht, was er meinte. Die Sterne waren anders. Sie begriffen immer, was er sagen wollte. Samuel lächelte kurz, aber es fühlte sich falsch an. Der Himmel war tiefschwarz. Doch auch er schien zu leuchten, zusammen mit dem Mond, den Sternen und dem See.
Gute Gesprächspartner, das waren sie, die Sterne, dachte sich Samuel, aber das reichte ihm nicht, er würde trotzdem gern einen Menschen finden, der mit ihm spricht und dafür keine Worte braucht. Doch vielleicht gab es so jemanden gar nicht, woher sollte er es denn wissen, selbst die Sterne sagten es ihm nicht. Es würde ihnen folgen, den Sternen, und wenn ihn niemand begleitete, dann war es eben so. Er war sich sicher, dass Liebe nur dann funktionieren kann, wenn zwei Menschen denselben Sternen folgen.
Sie waren wirklich sehr hell heut Nacht. So hell, wie Samuel sie noch nie gesehen hatte. Wie Diamanten funkelten sie, kostbarer als alles Geld der Welt, ihr Sternenlicht fiel auf den See, verdrängte dort das Mondlicht und zerbrach in tausende Lichtsplitter, die sich wie winzige Glühwürmchen auf der Wasseroberfläche bewegten. Samuel staunte über die wundersame Schönheit der Natur.
Viele Stunden noch lag er am Ufer und sah in den Nachthimmel. Dann begannen die Sterne vor seinen Augen zu tanzen, sie wirkten heiter und doch tief traurig. Als Samuel das sah, lächelte er. Eine Träne lief an seiner Wange herunter. „Bringt mich nach Hause!“, flüsterte er.
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