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1xhab ich gern gelesen
geschrieben 2018 von Carl-Paul Hénry (Carl-Paul Hénry).
Veröffentlicht: 25.03.2018. Rubrik: Menschliches


Der Brautsee

Seit nun 30 Jahren lebe ich - nur einen „Steinwurf“ entfernt vom Bodensee – am südlichsten Ende unserer Republik. Noch einmal etwas über 30 Jahre zuvor, wurde ich in der Nähe der dänischen Grenze, also sozusagen an de "Nordseeküste" geboren. Auch dort gab es - am Rande der kleinen, verträumten Stadt einen See. In Wirklichkeit war es mehr ein Weiher, wie man im Südwesten sagt. Aber im Land zwischen den Meeren nennt man auch einen kleinen Weiher eben „See“. In meiner Kindheit und Jugend war ich oft an diesem See – erst um zu spielen, und dann später, um vom Bauern geklaute Steckrüben zu essen, oder um mit Elsa zu knutschen und so.

Es gab da immer nur einen einzigen Schwan – ein Männchen, wie an der Farbe des Schnabels zu erkennen war. Mal hielt er sich in der Nähe des Bootsteges, wo die kleinen Boote der Fischer vertäut waren, auf, oder er schwamm Richtung des gegenüberliegenden Ufers, wo eine kleine Landzunge in den See hinein verlief. Ansonsten schwammen dort nur eine paar Enten und Haubentaucher und Möwen von der nahen Schlei.

Über diesen See erzählt man sich eine traurige und etwas gruselige Geschichte, von dem er auch seinen Namen erhalten hat. Es ist der „Brautsee“, oder auf Dänisch, der „Brudesø“. Und diese Geschichte geht so. Im Frühjahr des Jahres 1712, wollte Bauer Jørgensen seine älteste Tochter Anna, mit dem Sohn des Großgrundbesitzers Heiner Seefeld verheiraten. Doch Anna liebte Knut, den Sohn des Taschenspielers Ole Büchner, ein Nichtsnutz, aber frech und schön anzusehen. Doch Jørgensen bestand darauf, dass Anna in Zukunft eine „Seefeld“ sein sollte und Hannes Jørgensen heiratet. Die Väter waren sich bald einig . Und so kam der Tag der Vermählung. Vom Nordufer des Sees – erhieß damals schlicht nur „See“ – ruderte der Brautvater mit seiner ganz in Weiß gekleideten Tochter in einem kleinen Fischerboot hinüber zum Südufer, wo Heiner Seefeld seine Äcker, Felder und seinen Gutshof liegen hatte, um Anna in die neue Familie zu übergeben.

Doch mitten auf dem „Weiher“ angekommen, stand die Braut ganz plötzlich von ihrer Sitzbank auf, machte zwei hastige Schritte und sprang in den See. Von beiden Ufern waren gellende Schreie zu hören und die Männer warfen sich in die Fluten, um zur Hilfe zu eilen. Natürlich sprang Bauer Jørgensen der Anna sofort hinterher, obwohl der nicht schwimmen konnte, weshalb er sich mit der Linken am Bootsrand festhielt und mit dem rechten Arm nach der Tochter fischte. Doch vergeblich. Auch die Männer, die herangeschwommen kamen konnten nichts mehr tun. Und bis auf den heutigen Tag hat man den Leichnam der Anna Jørgensen nicht finden können.

Und auch bis in die Gegenwart hat es auf dem Brautsee immer nur einen einzigen – einen männlichen - Schwan zur gleichen Zeit gegeben, der Tag für Tag von einem Ufer zum anderen schwimmt, so als suche oder warte er auf etwas. Die einen – nicht so gut Betuchten - nennen ihn durch die Jahrhunderte hindurch immer „Knut“. Die anderen jedoch, die Noblen und Angesehenen bestehen bis heute darauf, dass dieser Schwan „Hannes“ heißen muss.

Den „Brautsee“ in meiner Geburtsstadt gibt es übrigens wirklich [https://de.wikipedia.org/wiki/Brautsee] und die Geschichte um ihn und seinen Namen, ist auch mehr als nur eine Sage.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Weißehex am 26.03.2018:

Solche mystischen Geschichten lese ich sehr gerne. Schön geschrieben.

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