Veröffentlicht: 02.06.2025. Rubrik: Kinder und Jugend
Jonas auf dem Hühnerhof (Straßendrabble)
Jonas landet mitten auf dem Hühnerhof. Vorsichtig öffnete er seinen Reisekoffer.
Die Luft war rein und so klappte er den Deckel auf.
Es war für ihn jedes Mal eine Überraschung, wo es ihn hin verschlug.
Rings um den Landeplatz seines Koffers scharrten Hühner.
Er kletterte heraus.
Eine Henne guckte verklärt in seine Richtung.
Aber nicht wegen Jonas, sondern weil sie ein hellbraunes Ei in ein hohes Grasbüschel legte.
"Au fein, da habe ich gleich ein schmackhaftes Frühstücksei", freute sich Jonas.
Er lief zu dem frischen Ei, um es zu mopsen.
Entsetzt pickte die Henne nach seiner Hand, noch ehe er zugreifen konnte.
"Aua."
"Dreister Bursche, lass mein Ei liegen."
Jonas verstand nicht ganz.
"Ich esse doch oft Eier, die bekomme ich, ohne dass eine Henne auf mich schimpft."
"Ach Bub, ich glaube, ich muss dich mal aufklären."
Jonas stemmte seine Hände in die Hüften.
"Ich bin ganz Ohr."
"Du bist hier im Aufzuchtgehege einer Hühnerfarm. Hier leben wir Hennen und ein stolzer Hahn. Der Hahn befruchtet die Eier. Das nennt man einen Hahnentritt. Er ist also verantwortlich, dass aus meinen Eiern Küken schlüpfen. Aus diesen Küken wachsen dann auch wieder Hennen oder Hähne heran. Wenn du mir jetzt das Ei stiehlst, muss ich erst wieder ein neues Ei legen."
"Ich verstehe. Aber sag mir mal, liebe Henne, was ist der Unterschied zu deinen Eiern und denen die ich in einer Kaufhalle kaufen kann?"
"Die Eier in der Kaufhalle werden auch durch Hennen gelegt, aber diese Hennen benötigen vorher keinen Hahn, weil ja auch keine Küken entstehen sollen. Diese Eier werden vom Bauern zum Verzehr angeboten."
Hinter Jonas knackte es in einem anderen Gelege.
Ein Ei bekam Risse und ein Küken schlüpfte heraus.
"So sieht also ein Küken aus. Darf ich mit dem Küken spielen?"
"In ein paar Tagen vielleicht", erwiderte die Henne. "Sieh mal Mäusebub, das Durchbrechen der Eierschale kostet dem Küken viel Kraft. Es muss jetzt unter die Rotlichtlampe, drinnen wo auch reichlich Körner und Wasser vorhanden ist."
"Schade", gab sich Jonas enttäuscht.
"Es ist auch besser, wenn du jetzt unser Gehege verlässt. Wenn der Trubel gar zu groß wird und der Hahn erst mitbekommt, dass du hier unseren Ablauf störst, wird er ziemlich ungemütlich."
Das verstand Jonas.
Er kletterte zurück in den Koffer.
"Eine Frage hätte ich noch! Was war zuerst da, die Henne oder das Ei?"
Der Hahn stolzierte neugierig herbei und musste über diese Frage laut lachen.
"Ich glaube", antwortete der Hahn, "das beschäftigt die Gelehrten seit Jahrtausenden. Vielleicht bekommst du es irgendwann heraus, Bürschlein."
Jonas winkte noch einmal den Hühnern zu und schon erhob sich Jonas Koffer in die Lüfte, auf dem Weg zu einem neuen spannenden Abenteuer.
Auf jeden Fall hatte er interessante Einblicke gewonnen, was auf einer Hühnerfarm so passierte.
Jens Richter, Mai 2025

