Veröffentlicht: 10.12.2025. Rubrik: Menschliches
Die Fremde
Mit Hallo, ich bin Astrid, stand sie vor mir. Von der Straße aus schon sichtbar, war sie zielstrebig durchs Eingangstor gekommen, während ich auf meiner Holzbank lesend unter dem kleinen Walnussbaum saß.
„Kann ich?“ In dem Augenblick war es mir egal, ich rückte zur Seite. Sie setzte sich. Gedanklich noch im gelesenen Geschehen, schwiegen wir beide. Ich sagte Hallo, wartete ab, sie fand wohl den Anfang nicht. Sie war zu mir gekommen, nicht ich zu ihr.
„Schön hast du es hier, darf doch du sagen“. Zu voreilig nickte ich, sah sie an, legte das neue Buch vom Wallraff auf den Rasen.
„Meine Freundin Beate, du kennst sie, hat mir gesagt du hast eine Wohnung zu vermieten“.
„Könnte sein, nur wer ist Beate, wer bist du?“
Merkwürdig, erst das du dann Beate, noch dazu diese Wohnung, die zwar leer war, aber auf die Maler wartete. So ein direktes du anzubieten, ließ mich vorsichtig sein, ist eigentlich reine Taktik gleich zum Erfolg zu kommen. Diese Astrid wusste einiges, ja selbst den Mietpreis und die Nebenkostenhöhe vom Vormieter bisher. Der Mieter hinterließ, wollte mich nicht wieder ärgern, würde die Kaution behalten, eine Erfahrung mehr nach dem Ärger.
„Kann ich die Wohnung mieten?“
„So einfach ist es leider nicht, da braucht es mehr für“.
„Du hast aber keinen Makler beauftragt sie zu vermieten?“
„Nein, sagte doch, warte auf die Maler, lasse Laminatboden verlegen, wo vorher Teppichboden war. Was hat Beate denn sonst noch gesagt?“
Nun beschrieb sie Wohnung, die Aussicht, den Balkon, dass große Badezimmer mit der Wanne. Sie lobte die Raumaufteilung, meinte alles ideal sowas suche ich schon länger. Für mich sah es so aus, als wenn sie die Wohnung kannte. Abwarten, reden lassen. Naiv wohl nicht, diese Frau schien eher raffiniert zu sein, sehr clever möglicherweise.
Ein Windstoß ließ Blätter herabrieseln. Ein Blatt nahm sie weg, was auf meiner rechten Schulter lag. Sie lächelte mich an, rückte gleichzeitig etwas näher.
„Keine Sorge zwei Mal geimpft, bin nicht krank“.
„Was bist du noch?“
„Rentnerin, Witwe und möchte näher bei Beate wohnen die du doch kennst“.
„Ich muss dir gestehen, kenne hier in der Stadt keine Beate. Du kennst die Wohnung, sag woher, nur weil Beate sie dir beschrieben hat?“
Sie rückte ein Stück weg, schwieg. Nun war ich am Zuge.
„Die Nebenkosten sind gestiegen, 60 Euro mehr im Monat. Laut Mietspiegel der Stadt kann ich die Miete um 100 Euro erhöhen, tat es drei Jahre nicht“.
„Können wir uns einigen auf weniger Miete?“
„Gibt es einen Grund dafür? Ich kenne dich nicht, Beate auch nicht“.
„Kennst du Beate unter ihrem zweiten Vornamen, Renate“.
„Renate kenne ich, stimmt, habe gestern mit ihr gesprochen. Eigenartig, dass du heute kommst, erwähnte sie nicht. Lass dir von Beate oder Renate meine Telefonnummer geben, du kannst mit meiner Frau sprechen“.
Mit Danke stand sie auf, sagte ich rufe am Nachmittag an. Sie ging, schloss leise das Tor hinter sich.
„Kommst du zum Essen?“
Im offene Küchenfenster meine lachende Frau. Wir haben beide keine Wohnung zu vermieten. Sie gehört unserer Tochter und nach der Renovierung zieht sie selbst ein so hatte ich es Renate erzählt. Was Renate so rumerzählt, sich wichtigmacht, ist uns ein Rätsel.





