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geschrieben 2018 von Carl-Paul Hénry (Carl-Paul Hénry).
Veröffentlicht: 08.02.2018. Rubrik: Persönliches


Erstes Bier und erste Liebe

Im Herbst 1961 feierten wir unser Richtfest. Ein Jahr zuvor sah es aber überhaupt nicht danach aus. Die Baugrube war frisch ausgehoben worden und die Bauarbeiter wollten am nächsten Tag damit beginnen, das Fundament zu gießen. Doch in der Nacht zuvor ging so ein furchtbarer Regenschauer nieder, dass das Wasser kniehoch in der Baugrube stand. Es konnte Wochen dauern, bis das Wasser in dem lehmigen Boden versickert war, denn an ein Abpumpen war aus Kostengründen nicht zu denken. Also machte mein Vater sich daran, das Wasser mit Eimern aus der Grube zu schaffen, wobei mein älterer Bruder und ich ihn kräftig unterstützten. Drei Tage kletterten wir die Leiter in die Baugrube hinab, füllten die Eimer und schleppten diese den gleichen Weg zurück, um sie den Abhang hinter dem Baugelände auszuleeren.

Nun also, zwölf Monate später, standen die Zimmerleute auf dem Dach unseres neuen Heimes und neben ihnen hing das Schild mit der Aufschrift „Dipl. Ing. Egon Müller“. Jahrelang habe ich gerätselt, was denn wohl „Dippeling“ zu bedeuten habe. Nach den Sprüchen der Zimmerleute und dem obligatorischen Zerschmettern ihrer Schnapsgläser ging es zur Baubude, die auf dem brachliegenden Gelände der auch noch im Bau befindlichen Schule stand. Mein Vater hatte einige Kisten Bier gekauft, die nun von den Zimmerleuten, Maurern, Herrn Müller und meinem Vater getrunken wurden. Die Kiste mit den leeren Flaschen wurde in eine Ecke gestellt. Ich war damals zehn Jahre alt und hatte bisher nur Malzbier getrunken. Da alle im lustigen Gespräch waren, nutzte ich die Gelegenheit und schaute mir jede leere Bierflasche genauer an. Und tatsächlich war in einigen von ihnen noch ein Rest von richtigem Bier zurückgeblieben. So trank ich also all die Flaschen aus und wurde immer übermütiger, sprang herum und erzählte Unsinn. Die Eltern ließen es durchgehen. Und wenn ich mich recht erinnere, dann war auch Freund Thomas (9) dabei. Jahre später führten wir unsere „Saufgelage“ dann in den Kneipen und Discotheken weiter. .

Zu dieser Zeit war es auch, als meine Schwester Martina eines Tages aus der Schule kam und berichtete, dass ein neues Mädchen in ihre Klasse gekommen sei. Und wie Martina die Neue so beschrieb und berichtete, dass sie auch katholisch sei, habe ich mich sofort in dieses Mädchen verliebt, ohne es je gesehen zu haben. Als Sabine dann nach ein paar Tagen meine Schwester zum Spielen abholte, bestätigten sich meine Gefühle für dieses Mädchen. Sie war zehn Jahre alt und ich war inzwischen 13. Ich glaube, das Ganze ging so über zwei Sommer. Wir waren zusammen im Schwimmbad und liefen gemeinsam nach Hause, entlang den Bahnschienen, die damals noch vom Kreisbahnhof Richtung Zuckerfabrik an die Ostseebucht führten. In der Kirche saß sie mit ihren Eltern immer in der zweiten Bankreihe und manchmal drehte sie sich zu mir um, was mein Herz natürlich höher schlagen ließ. Einmal durfte ich sie sogar auf ihrem Zimmer besuchen und es gab O-Saft und dänische Kekse. Aber nie habe ich mich getraut, mit ihr Händchen zu halten, sie zu berühren, oder gar zu küssen – auch nicht auf die Wange. Nie – leider, denn ich mochte sie sehr, sehr gerne. Aber ich war unglaublich schüchtern.

Ja, dieses Mädchen war meine erste Liebe. Viele Jahre später – es war so um 1973 herum und ich war ein wilder, langhaariger und bärtiger Schlagzeuger einer Rockband geworden – sah ich sie mit ihrem Mann genau da, wo gegenüber dem damaligen Postgebäude der kleine Gang hinunter zur Volkshochschule führte. Nun, sie hatte wohl doch den gefunden, der mit ihr nicht nur Händchen gehalten hatte, denn sie war hoch schwanger. Als ich diesen erwähnen Gang zur Volkshochschule dann damals weiter entlanglief, kamen mir zwei Mädchen entgegen und ich hörte die eine zur anderen sagen: „Hast du Jesus schon einmal von so Nahem gesehen?“ Hahaha!

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