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geschrieben 2020 von Valentine (Waldrauschen).
Veröffentlicht: 17.09.2020. Rubrik: Unsortiert


Vom Glück Kastanien aufzusammeln

Vom Glück Kastanien aufzusammeln

Heute ist der erste Tag des Herbstes. Woran ich das merke? Als ich gestern auf meiner Parkbank saß, da war es warm – so warm, dass die Luft die an meine Haut trat sich warm anfühlte. Genau richtig warm, nicht wie eine Abkühlung, sondern wie ein Streicheln. Solche Begrifflichkeiten… hahaha, aber ja, genau so war es.

Und heute, heute schien die Sonne. Sie schien auch morgens durch mein Fenster und erhellte den Raum mit gelbem Licht. Doch als ich das Fenster öffnete war es kühl. Kühl – sodass man die morgendliche Frische, mit einem Hauch Frost in der Luft auf den Lippen spürt und so dass die kühle Luft einen völlig umgibt und nach ein paar Sekunden durch deine Hose und deine Jacke und den Pullover darunter auf deine Haut trifft. Und nach der Wärme des Sommers war es ein kleiner Schreck zum Morgen, aber in mir freute sich dieses kleine vorwitzige Koboldchen, dass es nun Herbst wird und es fasste meine kleine Sommerfee an der Hand und sie tanzten.

Der Tag zog vorbei mit Sonnenschein, der aber nie ganz warm wird und im Schatten ein Frösteln verursacht. Und heute Nachmittag saß ich dann auf meiner Bank. Die Bank am Feldrand, umgeben von hohen Bäumen die schnell wachsen mussten, und groß und erschöpft sind vom Stehen an der asphaltierten Straße am Feld. Gestern haben dort noch die Grillen gezirpt und heute – heute waren da Raben. Viele Raben, eine Herde – nein, ein Schwarm. Sie flogen auf und ab und nur den Raben war klar warum sie sich an der einen Stelle niederließen und dann alle wieder gemeinsam aufflogen und mit scharf gespannten Schwingen die Luft durchschnitten um sich dann an einer anderen Stelle wieder niederzulassen.

Der Wind war auch da. Heute war er mein Freund. Er blies „mäßig“, sodass die Haare vom Luftstoß sanft ins Gesicht trödeln und man von Zeit zu Zeit die Jacke um sich fest hält. Aber eigentlich kann man die Jacke offen lassen und noch den letzten Duft des Sommers einatmen.

Es wurde 18 Uhr. Das ist die Zeit wenn die Leute von der Arbeit nach Hause kommen und ihre Hund Gassi führen müssen um ihnen auch einen langen Spaziergang zu gönnen. Denn morgens durften die Hunde nur kurz den Herbst einatmen. Nun tollen ein paar von ihnen über’s Feld und freuen sich über die Raben, die sich ertappt beim Picken auf dem Feld fühlen und alle aufschrecken, weil sie nicht gehascht werden wollen. Und die Hunde freuen sich am Hundsein und am Erschrecken der Raben.

Dann spürt man, dass die Zeit heran ist nach Hause zu gehen. Erst noch unsicher, weil der Herbst so schön ist und dann mit Nachdruck, weil die Blase drückt. Also habe ich überlegt ob ich den Fußweg entlang der Hauptstraße nach Hause gehe oder den Trampelpfad über’s Feld nehme. Das Gefühl hat heute gesiegt und mir den langen Weg über’s Feld gewiesen. Die Sonne traf sanft von vorn auf mein Gesicht und die Intensität der Strahlen war schon etwas verblasst, sodass sie mich nicht mehr blenden konnten. Vorbei an der Kleingartenanlage, wo die ersten Laubblätter auf den wohl gepflegten Wiesen lagen, trat ich über den Geröllparkplatz auf die Straße. Kurz rüber huschen wenn kein Auto kommt und auf der anderen Seite den Trampelpfad weiter nach Hause nehmen.

Doch da – es traf mich hart! Eine Kastanie. Eine wunderschöne, glatte, frische Kastanie. Sicherlich grad erst aus der Schale geplatzt lag sie am Straßenrand. Ich war schnell hinüber gehuscht, stand auf der anderen Seite der Straße doch das nächste Auto kam. Keine Zeit die Kastanie zu retten! Bangend wartete ich am Straßenrand. Autos, Autos – woher kommen auf einmal all diese Autos? Und dann endlich riss die Autoschlange für einen kurzen Moment ab! Herz gepackt – Kastanie geschnappt! Was für ein Glück hat die Kastanie doch gehabt!

Ich hab‘ sie aufgehoben und in der Hand gefühlt. Ganz glatt glänzte sie – wie poliert. Und genauso glatt fühlte sie sich auch an. Eine dieser guten Kastanien mit einer geraden, glatten Seite. Die Wölbung in der Hand verborgen und die glatte Seite nach oben, hab‘ ich die Kastanie gestreichelt und mich gefreut. Ich habe mich lange nicht mehr so gefreut.

So ging ich nach Hause mit der Kastanie in der Hand. Morgen wird sie wohl zu schrumpeln beginnen, doch schön wird sie trotzdem sein. Auf’s Fensterbrett habe ich sie gelegt. Jeden Morgen beim Trinken meines Tees werde ich sie nun anschauen und von Zeit zu Zeit halten – bis der nächste Herbst beginnt.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von ehemaliges Mitglied am 21.09.2020:

Soll ja Glück bringen die erste Kastanie im Jahr. Gt aufheben!😊👍




geschrieben von Dan Prescot am 18.03.2021:

Wunderschön beschrieben, sehr plastisch und anschaulich. Danke für den schönen Spaziergang.




geschrieben von Waldrauschen am 18.03.2021:

Vielen Dank für die positiven Kommentare. Es wird wohl bald Zeit ein paar Gänseblümchen zu sammeln..

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