geschrieben 2021 von Andreas Mettler (Metti).
Veröffentlicht: 08.09.2021. Rubrik: Satirisches
Wir haben das Klima gerettet!
„Papa, der Brei stinkt wie unser Klo!“
„Naja.“ Symbolisch schnüffelte ich ein wenig an der Pampe. „Alles riecht hier so. Irgendwie.“
Ich schob den Toilettenvorhang zur Seite. „Vielleicht arbeitet der Mikroben-Zersetzer nicht mehr richtig? Weg mit dem Mist, wo er hingehört.“
„Bah“, schimpfte mein Sohn. „Und morgen haben wir den gleichen Dreck dann wieder auf dem Teller.“
„Ein Bohneneintopf?“, staunte mein Sohn.
„Ein echtes Festmahl!“
„Haben wir denn was zu feiern?“
Ich verteilte den Inhalt der alten Büchse auf die zwei Teller. „Nun, ich könnte dir die Geschichte erzählen, wie wir damals das Klima gerettet haben.“
„Schon wieder, Papa?“
„Kalte Bohnen aus der Dose. So ein Genuss.“ Ich kratzte mit dem verbogenen Metalllöffel die Reste vom Teller. „Doch jetzt zu unserer Geschichte. Pass mal auf.“
„Wenn es denn sein muss…“
„Ich war kaum älter als du heute. Das Klima war außer Kontrolle geraten, aber die Erwachsenen wollten nichts dagegen tun. Wir mussten unsere Zukunft also selbst in Hand nehmen. Wir gingen nicht mehr in die Schule, wir gingen auf die Straße demonstrieren.“
„Und so wurde dann das Klima gerettet. Ende.“, feixte mein Sohn.
„Wir bekamen schon etwas Aufmerksamkeit. Aber das alles dauerte viel zu lange. Irgendwann in zwanzig oder dreißig Jahren sollten alle Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Viel zu spät.“
„Jetzt kommt die Sache mit dem Hochwasser?“
„Genau.“, nickte ich. „Dann kam das Hochwasser. Ab diesem Zeitpunkt hatten wir die Politik am Sack. Ob Trockenheit oder Starkregen, alles war jetzt eine Folge des Klimawandels. Es war sogar egal, ob es wärmer oder kälter wurde. Jetzt musste die Politik unsere Forderungen erfüllen.“
„Und was waren das für Forderungen?“
„Der totale Umbau unserer Welt. Der Mobilität. Der Energieversorgung. Der Industrie. Und schnell musste es gehen. Wenn uns die Politik einen Zeitrahmen von 20 Jahren zusagte, forderten wir 15 Jahre. Wurden 15 Jahre akzeptiert, dann demonstrierten wir für 10. Am Ende sollte alles innerhalb von acht Jahren abgeschlossen werden.“
„Und dann konnten die Bagger anrollen. Brummmmm.“
„Einige Länder wollten anfangs noch nicht mitmachen. Da war noch viel Überzeugungsarbeit nötig. Ächtung. Sanktionen. Aber am Ende haben wir das alles geschafft. Innerhalb von acht Jahren haben wir das Klima gerettet.“
„Applaus, Applaus“, grölte mein Sohn. „Ihr wart die Größten. Aber wieso leben wir jetzt unter der Erde in diesem stinkenden Dreckloch?“
„Na, überleg doch mal. Die ganze Welt war eine einzige Baustelle. Die größte Baustelle, die es jemals auf unserem Planeten gegeben hat. Alles, was wir kannten und hatten musste neu gebaut werden. So viele Emissionen in so kurzer Zeit. Das hat unserem Planeten den Rest gegeben. Die Erde wurde unbewohnbar. Aber das Klima, das haben wir gerettet.“
„Halleluja, Papa!“