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2xhab ich gern gelesen
geschrieben 2019 von Novelle (Novelle).
Veröffentlicht: 15.03.2022. Rubrik: Unsortiert


Das tapfere Mägdelein

Es war einmal ein Mägdelein. Das ertrug die Einsamkeit in dem rustikalen Stübchen nicht mehr. Deshalb entschloss sich die Jungfer, in die weite Welt zu ziehen. Anfangs hatte sie mit den Männern und Frauen in den fremden Ländern Schwierigkeiten. Da sie Umgangsformen und Sprachen lernte, wurde das im Laufe der Zeit besser. Was ihr angeboten wurde, probierte sie prompt aus. Das brachte ihr Wohlwollen der verschiedenen Chefs ein.

Als sie älter wurde, wollte sie unbedingt wieder nach Hause. Dort war es noch langweiliger und öder als je zuvor. So entdeckte sie ein Tastengerät, mit dem sie die weite Welt in ihr Stübchen holen konnte. Ei, der Daus. Bereits am ersten Tag erlegte sie ganz nebenbei 29 Männer und Frauen. Jeden Tag holte sie nunmehr Besucher in ihr dunkles Verlies. Kaum einer blieb, alle flüchteten so schnell wie möglich. Sie lernte lügen, verstellen, schmeicheln, unauffällig Gift versprühen, immer auf dem Sprung zu sein. Kontakte wurden hergestellt. Von starker Sucht nach mehr und mehr ergriffen, ersann sie neue Methoden.
Hey, welcher Spaß. War das alte Kleidchen allzu schmutzig, besorgte sie flink ein neues. Stets erfand sie dazu eine eigene Lebensgeschichte. Sie war eine ganz, ganz Liebe mit einem großen Herzen. Irgendwann mal fand sie ihren Lehrmeister. Der ließ sie richtig schuften. Ihren rückläufigen Reizen erlag er nicht, obwohl sie mit ihren Pfunden nicht geizte. Streiken hatte der Vorgesetzte verboten. Bald kränkelte sie. Ein herbeigerufener Quacksalber stellte die Vergiftung fest. Es wurde schlimmer und schlimmer.

Eines Tages kamen zwei dunkelhäutige Männer in ihr Versteck gepoltert. Sie winselte anfangs verhalten, später brüllte sie nur noch. Die Männer kannten kein Erbarmen. Sie gurteten sie auf eine Trage und schleppten sie in ein bedrohliches Gebäude.
Kein Entrinnen war ihr möglich. Ihre Zeit war abgelaufen. Immer mehr finstere Gedanken entwickelte sie. Sich stets den Bauch mit Essen und Trinken vollzuschlagen, war ihr Tagesinhalt. So wurde sie kugelrund und immer unansehnlicher. Ein junger Pfleger animierte sie, das Einzelzimmer zu verlassen. Leicht gebeugt stand sie jetzt in dem unendlich langen Gang. Nach einiger Zeit humpelte sie durch das Erdgeschoss und suchte fieberhaft Gleichgesinnte. Allzu mühsam gestaltete sich die verzweifelte Suche.

In einem öffentlichen Zimmer entdeckte sie wieder das ihr immer noch bekannte Tastengerät. Hey, sie wollte vor Freude hüpfen, das ging aber nicht. Der Rücken war steif und schmerzte. Sie zog ein neues Kleidchen an, violett, mit langen Ärmeln. Dann begann sie ihre Spielchen von vorne.
Gestorben ist sie immer noch nicht. Ihr Unwesen treibt sie lokal weiter, so gut es eben möglich ist. Sollte sie jemand suchen, in banalen Gesprächsrunden ist sie anzutreffen.


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