Veröffentlicht: 05.09.2025. Rubrik: Unsortiert
Schmetterlingsgeschichte
Es ging hoch her im Schmetterlingsland. Dort lebten viele bunt gefleckte Schmetterlinge, die fast alle gleich aussahen. Heute flogen sie besonders aufgeregt umher, denn im Schmetterlingsland war es Brauch: Alle Jahrhunderte, wenn der Mond dreimal untergegangen war, wurde ein Schmetterling ausgelost, der die Welt erkunden durfte.
Am Abend versammelten sich alle Schmetterlinge vor der großen Lostrommel. Darin wurden jetzt die kleinen Namenszettel herumgewirbelt.
Die Schmetterlinge warteten gespannt.
Die Trommel stoppte, ein Zettel wurde gezogen.
Mit feierlichem Trommelwirbel wurde verkündet:
„Ferdinand ist der Auserwählte!“
Ferdinand wurde in einer Samtblase mit der Flugschleuder hinausgeschossen – hinaus in die große Welt. Als er schließlich weit draußen ankam, platzte die Samtblase, und Ferdinand flog immer tiefer und tiefer zur Erde hinunter, um alles zu erkunden.
Doch er erkannte kaum etwas: Alles war weißlich und durchsichtig – Blumen ohne Farben, weiß schimmernd, wie mit Bleistift gezeichnet, aber nicht ausgemalt.
Ferdinand merkte sofort, dass hier etwas nicht in Ordnung war. „So kann es nicht bleiben“, dachte er und kehrte eilends in seine Welt zurück.
Er berichtete dem Hohen Rat, was er entdeckt hatte. Der Rat nahm sich Bedenkzeit. Nach einer Weile ließ er alle Schmetterlinge zusammenrufen.
Dann sprach der große Rat:
„Wir alle fliegen hinaus – wir müssen die Welt retten!“
Die Schmetterlinge freuten sich, denn auch sie wollten die Welt gerne sehen und erkunden. Jeder bekam eine Samtblase und wurde mit der Flugschleuder hinausgeschossen.
Auch sie sahen, was Ferdinand schon entdeckt hatte. Daraufhin beschloss der Rat:
„Jeder von euch soll auf die Blumen fliegen und einen Teil seiner Farben dort zurücklassen.“
Die Schmetterlinge taten dies voller Freude, denn wie hätten sie zwischen blassen Blumen tanzen können, wenn alles farblos geblieben wäre?
Als sie ihre große Aufgabe vollbracht hatten, staunten sie: Die Blumen waren nun farbig und bunt geworden – und als sie sich gegenseitig ansahen, erkannten sie, dass auch sie selbst sich verwandelt hatten. Einer war nun gelb, ein anderer orange, einer weißlich, der nächste bräunlich.
So entstanden viele, viele Schmetterlingsarten: der leuchtend gelbe Zitronenfalter, das stolze Tagpfauenauge, der edle Admiral, der zarte Schwalbenschwanz, der flinke Kleine Fuchs und die schimmernden Bläulinge – und noch viele mehr.
Ferdinand betrachtete seine Flügel – und entdeckte Augen darauf. Er war zum Pfauenauge geworden.

