geschrieben 2025 von Rautus Norvegicus (Rautus Norvegicus).
Veröffentlicht: 27.10.2025. Rubrik: Lustiges
Bei der Psychologin (Lustiges)
Irmgard Schmitt, von ihren Freundinnen und Freunden liebevoll Irmi genannt, hat endgültig die Schnauze voll. Gestern noch hatte sie sich mit ihrer Schwester über diese Problematik unterhalten, die sie schon lange störte und war von dieser in ihrem Entschluss bestärkt worden, einen Psychotherapeuten zu konsultieren. Frau Dr. Eva Korzinak, dreiunddreißig
Jahre alt, alt genug, für zehn Jahre Berufserfahrung. Jung genug, um noch voll im Leben zu stehen und nicht nur auswendig gelernte Phrasen nachzuplappern! Die sollte ihr helfen, Irmi wählt die Praxis-Nummer und lässt sich einen Termin geben.

Nach endlosen Diskussionen darüber, warum sie nicht schon einen Termin um acht Uhr dreißig wahrnehmen wolle, hatte man sich auf elf Uhr geeinigt. Schließlich ist Irmgard privatversichert! Es war regnerisch,
kühl und windig. Punkt elf Uhr, Irmi freundlich lächelnd, betritt die Räume der Praxis. Freundliche, helle Räume, in einer Raumecke steht ein Indianer-Tipi. Natürlich nicht ganz so groß, eben so groß, dass es für Kinder geeignet ist.
Daneben liegen ein Baseballschläger, Boxhandschuhe, eine Regenbogenflagge hängt an der Wand. Daneben ein Hirschkopf mit einem Geweih. 'Sehr befremdlich, aber vielleicht modern', geht es Irmi leicht irritiert durch den Kopf. „Frau Schmitt, bitte kommen sie doch rein!“ Ui, Frau Dr. höchstpersönlich bat sie in ihr Büro. „Wie kann ich Ihnen helfen, Frau Schmitt?“ Eva Korzinak lächelte jovial, Irmi lächelte genau so zurück.
„Frau Dr. Korzinak“, beginnt Irmi, „ich fühle mich nicht ernst genommen! Irgendwie scheint keiner zu beachten, was ich sage. Meist kann ich gar nicht
ausreden, fast immer beenden andere meine Sätze für mich und.. “ „Nennen Sie mich doch Eva, ich werde sie Irmi nennen“, unterbricht Frau Dr. Korzinak. „Ja, gerne, Frau Doktor Eva, ich bin ja die Irmi. Also, Frau Doktor, es geht schon los, wenn ich morgens zur Arbeit fahre. Ich nutze die öffentlichen Verkehrsmittel. Fast nie bekomme ich einen
Sitzplatz, muss mir immer die Beine in den Bauch stehen! Niemand scheint mich wahrzunehmen!“
Frau Doktor nickt, greift in eine Schublade ihres Schreibtisches, nimmt eine Nagelfeile heraus und beginnt, mit einem konzentrierten Blick darauf, mit der Maniküre ihrer Fingernägel. „Jaha... ?“, ermuntert sie Irmi zum Weiterreden. „Im Büro! Kaffee! Alle
wissen seit Jahren, dass ich keinen Kaffee vertrage und nur Tee trinke. Nie ist Tee da, obwohl ich so viel in die Bürokasse einzahle!“
Die Bürotür wird geöffnet, die Sekretärin stellt strahlend eine Tasse Kaffee für Frau Dr. auf den Tisch, und, selbstverständlich, eine Tasse für Irmi. Kaffee. „Aber...,“ leicht frustriert und ein wenig hilflos versucht Irmi, Frau Dr. und Frau Sekretärin mit ihren hilflosen Blicken daran zu erinnern, dass sie vor fünf Minuten noch einmal, freundlich lächelnd, wie es nun mal ihre Art ist, explizit um ein Glas Tee gebeten hatte!
Resigniert nippt Irmi dann doch an ihrem Kaffee. Frau Dr. Korzinak zieht währenddessen eine Schreibtisch-Schublade auf, greift hinein und legt eine Butterbrotdose vor sich auf den Tisch. Sie beginnt, ein Zwiebelmettwurstbutterbrot zu essen. „Ich hab heute noch gar nicht gefrühstückt!“, nuschelt sie mit vollem Mund. Irmi nickt verständnisvoll, Höhlenmensch, denkt sie.
„Ja, Eva, ich habe heute M...“ Die Tür fliegt auf. „Päckchen für Dr. Korzinak. Eigenhändig, ich brauch seine Unterschrift!“ Frau Dr. Korzinak lächelt bemüht: „Ich bin Dr. Korzinak, Frau! Dr. Korzinak!“
Der Bote nickt, hält ihr mit der linken Hand das Päckchen hin und fordert gleichzeitig mit seiner ausgestreckten rechten Trinkgeld ein. Die Sekretärin drängelt sich dazwischen, nimmt die Sendung mit links entgegen und schüttelt mit rechts dem Boten freundlich seine ausgestreckte rechte Hand. „Danke schön, sehr nett! Auf Wiedersehen“. Der Paketbote ist sauer, auf dem Weg nach draußen uriniert er unbemerkt in das Tipi.
Irmi stehen inzwischen die Haare zu Berge! “Frau Dr. Eva, bitte geben sie mir doch jetzt einfach einen Rat, wie ich meinen inneren Druck und meine Hilflosigkeit loswerde!“ Irmgard Schmitts immer ruhige Stimme hat jetzt deutlich an Lautstärke und Intensität zugenommen. „Irmi, sie stellen sich immer hintan und lassen sich zu viel gefallen. Sie müssen mal richtig aus sich herausgehen und laut und nachdrücklich ihre Rechte einfordern. Lassen sie sich doch für nächste Woche einen Termin geben.“
Irmi nickt folgsam, macht diesen Termin und bekommt ihn mitgeteilt, notiert auf einem lustigen, blassblauen Merkzettel, blau wie die Blume Vergissmeinnicht, mit dem dunkelblauen Aufdruck: Vergissmichnicht! Und die Rechnung. Sie wirft
einen kurzen Blick darauf, geht mit glasigen Augen zurück ins Büro von Frau Doktor Korzinak. Dabei greift sie sich den Baseball-Schläger von der Wand und haut mit einem wilden Schwung den angedübelten Hirschkopf von der Mauer, der durch den Raum katapultiert wird und über Frau Sekretärin hinweg, durch die Scheibe, aus dem geschlossenem Fenster fliegt.
„Vielen Dank für den guten Rat, Eva! Ich fühle mich schon viel besser! Bis nächste Woche!“ Frau Dr. Eva Korzinak kauert zitternd hinter ihrem Schreibtisch und wählt die Nummer eines Berufs-Kollegen, um sich selbst einen Termin bei ihm geben zu lassen!
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