Veröffentlicht: 12.06.2025. Rubrik: Märchenhaftes
Das verwunschene Häuschen
Tief im tiefsten Wald bauten zwei ehrbare Menschen ein Häuschen auf gutem Waldboden.
Dort lebten und arbeiteten sie bis zu ihrem Tod.
Jahrhunderte später fand und übernahm eine Hexe das kleine Häuschen. Sie war eine sehr bösartige, durchtriebene Hexe, die immer irgendwelche Schlechtigkeiten ausheckte.
Das trieb sie jahrhundertelang. Als sie merkte, dass ihr Tod nahte, verwünschte sie in diesem Moment das Häuschen. Als sie verstarb, verwandelte sich das einfache Holzhaus in ein massives Steinhaus.
Viele, viele Jahrhunderte vergingen, und das Häuschen wurde total zugewachsen, sodass man es kaum erkennen konnte.
In der Zwischenzeit siedelten Menschen rund um den Wald an, und mit der Zeit wurde der Wald immer kleiner.
In einer Dorfschule wurde über das Thema Umweltschutz gesprochen, und der Lehrer beschloss, mit seiner Klasse in den Wald zu gehen, damit die Kinder sehen konnten, wie wertvoll der Wald ist.
Als die Klasse 8 A im Wald angekommen war, erkundeten sie die Gegend. Die Geschwister Gitta und Henrik waren besonders wissbegierig.
Als Gitta von Weitem einen grünen, hohen Hügel sah, stieß sie mit ihrem Ellenbogen ihren Bruder an.
„Schau, Henrik, was ist das?“
Er zuckte mit den Schultern.
Als sie gerade in die Richtung gehen wollten, rief der Lehrer sie wieder zusammen. In den nächsten Tagen wurde in der Klasse und schließlich in der ganzen Schule darüber diskutiert.
Sie wollten unbedingt den Wald schützen.
Dies wurde dem Bürgermeister vorgetragen, der wiederum eine Versammlung der gesamten Bürgermeister der Umgebung einberief.
Die Versammlung dauerte Tage, bis endlich die Entscheidung getroffen wurde:
Der Wald steht ab heute unter Umweltschutz.
Der Bürgermeister erklärte, dass niemand mehr in der Nähe des Waldes bauen dürfe. Die Kinder der Schule stellten sofort Schilder auf.
Als sich alles wieder beruhigt hatte, beschlossen Gitta und Henrik, erneut in den Wald zu gehen.
Gitta zog es zu der Stelle des grünen Hügels.
Sie ging um den Hügel herum, als Henrik auf einmal eine Mauer erkennen konnte.
Sie gingen hin und zogen mit den Händen die verwucherten Pflanzen weg und erkannten ein versteinertes Fenster.
Henrik klopfte dagegen – nichts passierte.
Da strich er mit seiner flachen Hand über das Steinfenster, und auf einmal konnte man ein Glasfenster erkennen.
Sie versuchten hineinzuschauen, aber es war drinnen viel zu dunkel.
Da beschlossen sie, nach Hause zu gehen.
Am nächsten Tag rückten sie mit Ast-Scheren an und befreiten das Häuschen Tag für Tag von dem Dickicht. Mit jedem Ast, den sie entfernten, schien das Haus lebendiger zu werden.
Als sie es nach tagelanger Arbeit endlich geschafft hatten, verwandelte sich das Häuschen zurück, und die Tür sprang quietschend knarend auf.
Die Kinder erschraken zuerst, aber dann überwog die Neugier, und sie gingen in das Häuschen.
Auf einem alten Tisch stand eine Glaskugel.
Als sie hinein schauten leutete sie auf und sahen darin das ganze Geschehen. Danach erlosch die Glaskugel, und von oben fiel eine Papierrolle direkt vor die Füße der Kinder.
Als sie diese Papierrolle öffneten, erkannten sie, dass es eine sehr alte Hausurkunde war.
Dort stand: „Ehrbare Eheleute haben dieses Haus auf gutem Waldboden gebaut.“
Die beiden sahen sich an.
Von diesem Moment an wussten sie: Dieses Haus gehört ihnen.
In den nächsten Tagen machten sie sich daran, das Häuschen sauber zu machen. Sie behielten das Geheimnis für sich.
Gelegentlich, wenn sie Zeit hatten, kamen sie zu dem Häuschen, und so vergingen die Jahre.
Die Geschwister wuchsen zu jungen Erwachsenen heran.
Gitta wurde Lehrerin, und Henrik wurde Universitätsprofessor.
Als ihnen das Leben zu stressig wurde, beschlossen sie, zu ihrem Häuschen zu ziehen. Sie richteten es schön ein und legten vor dem Häuschen einen Garten an.
Dort lebten sie glücklich und zufrieden.
Gelegentlich, wenn man von Weitem am Wald spazieren geht und über dem Wald weißer, durchsichtiger Dunst zieht, ist das sicherlich der Kaminrauch des kleinen Häuschens.

