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geschrieben von Sun-Go.
Veröffentlicht: 31.03.2021. Rubrik: Grusel und Horror


Tagebuch, gefunden vor einem IKEA. Teil III [Ende]

TAG40
Ein Dutzend Leute tauchten heute Nachmittag vor unseren Toren auf, aus einer Stadt namens „Einkaufswagen“. Anscheinend hat das Personal die Wände eingerissen und die Stadt auseinander genommen letzte Nacht. Diese zwölf hier sind die einzigen Überlebenden von mehr als hundert. Selbstverständlich haben wir sie reingelassen. Ein weiterer Punkt in der menschlichen Anstand Rubrik. Später hab ich rumgefragt, ob jemand weiß wie viele dieser Städte es dort draußen gibt. Zwischen uns und den neuen kamen wir auf über zwanzig Namen. Zwanzig Städte voller Leute, und wer weiß wie viel mehr noch. Das Motto für diesen Ort sollte sein: „Wie ist das überhaupt möglich?“. Sicherlich muss doch irgendwer irgendwo nach den tausenden Leuten suchen, die hier sind.
*
TAG67
Ich bin jetzt schon seit etwas über zwei Monaten hier. Wie es sich herausstellt, ändert sich nicht viel. Ein paar Neulinge tauchten auf, dieselbe Geschichte wie alle anderen auch: Kleiner netter Trip zu IKEA und plötzlich sind sie gefangen im Billys Bücherregalhaus der gesichtslosen Irren. Das Personal greift Umtausch ein bis zweimal die Woche an. Wir töten sie und transportieren ihre Körper weg. Manchmal verletzen sie einen von uns zuerst. Sie töteten einen Typen namens Jannes vor ein paar Wochen. Freiheraus, es war schrecklich. Stellt sich heraus, normale Menschen bluten immer noch hier drin, selbst wenn das Personal es nicht tut. Wir haben unser Bestes versucht, aber keiner von uns ist Arzt. Jannes war ein guter Typ. Er hat es besser verdient. Wir alle tun das.
Ein paar Tage darauf fiel mir auf, dass keiner von uns wirklich nach einem Weg raus sucht. Ich wüsste nicht mal, wo man anfangen sollte.
*
TAG139
Ich hab angefangen mit den Leuten über Zeugs, welches sie von Zuhause vermissen, während des Abendessens zu reden. Vermutlich nicht die beste Idee die ich jemals hatte, jeder schien danach niedergeschlagen zu sein. Mehrere Leute hier haben Familie. Ehemänner und Ehefrauen, Kinder, Hunde; Frank meint er hätte ein Haus-Lama, bin mir nicht sicher, ob ich ihm das glaube. Aber anscheinend haben einige der Leute hier ernsthaft komische Löcher in ihrem Wissen. Drei von ihnen haben noch nie von der Internationalen Raumstation gehört. Zwei dachten, Trump wäre Premierminister. Und einer von ihnen hat anscheinend noch nie von der Freiheitstatue gehört. Ich glaubte ihnen, sie schienen genauso verwundert wie der Rest von uns. Jedoch, je mehr ich darüber nachgedacht habe, umso mehr hat es angefangen ein paar Dinge zu erklären. Was wenn der Grund, warum niemand nach all diesen vermissten Personen sucht, ist weil wir nicht alle vom selbem Ort kommen? Das klingt jetzt komisch, -vielleicht sollte das das Motto für diesen Ort sein- aber was, wenn alle Leute hier aus verschiedenen Dimensionen kommen? Realitäten, wie auch immer man es nennt. Ich hab genug Serien geschaut um das Prinzip zu kennen. Sarah kommt von einem Ort, an dem keine Freiheitsstatue existiert. Sie haben nie eine Raumstation gestartet, wo Sahim herkommt. Wenn alle hier von verschiedenen Orten kommen, vielleicht welche die auf dem ersten Blick gleich scheinen, dann gäbe es keine große Verschwundene-Leute Panik. Keine Massensuche. Wir wären einfach nur ein Schnips. Eine einzelne vermisste Person in einer Welt von non-stop Nachrichten. Nun, das war ein schöner Gedankengang.
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TAG184
Ich habe gerade realisiert, dass gestern der Tag meines sechs-monatigen Jubiläums hier drin war. Ich frage mich ob IKEA Partyhüte verkauft. Die Routine hier bleibt mehr oder weniger dieselbe. Mehr Neulinge tauchen auf, einer alle paar Wochen oder so. Essensversorgung geht hoch und runter, aber wir hatten nie einen richtigen Mangel. Gelegentlich kriegen wir einen Besucher aus einem der nähergelegenen Städte, normalerweise „Kassen“ oder „Reihe 630“. Wir schauen immer wieder nach dem Rechten bei einander, handeln manchmal Vorräte falls jemand mal besonders knapp wird mit etwas. Es hat etwas beruhigendes. Eine Erinnerung, dass wir nicht alleine hier sind. Ein kleiner Funken von Zivilisation. Manchmal bringen sie medizinische Versorgung. Anscheinend gibt es eine Apotheke, ein paar Städte weiter von Kassen, welche hier und dann wieder aufgefüllt wird. Also teilen sie, was sie können. Ich habe noch nie von einem IKEA mit einer Apotheke gehört, aber mittlerweile wäre ich nicht überrascht, wenn jemand über einen IKEA Organhandel stolpern würde. Würde eindeutig das Personal erklären. Wenn man gerade von unseren gesichtslosen Schließern spricht: Ihre Angriffe werden heftiger in letzter Zeit. Drei, viermal die Woche. Mit doppelt so viel Personal wie sonst immer war. Keine Idee, woher sie kommen, oder warum ihre Angriffe mehr werden. Wir haben versucht einen von ihnen zu verfolgen tagsüber vor ein paar Wochen, Sarah und ich. Wollten nachgucken, ob das zu einem Personalraum oder so führt. Schien aber nirgends hinzuführen. Er ist einfach zufällig durch die Abteilungen gegangen. Wir mussten umkehren, bevor wir etwas gefunden haben. Wir haben die Wände verstärkt, versucht uns besser auszurüsten, schließlich fehlt uns eindeutig nicht das Material dafür. Sahim macht mehr Armbrüste, aber es zieht sich hin. Zu schade, dass IKEA keine Waffen verkauft.
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TAG192
Die Angriffe werden jetzt richtig schlimm. Fast jede Nacht und mit soviel Personal, dass die Körper sich fast hoch genug stapeln, sodass die anderen die Wand erklimmen können. Ich glaube wir sind hier richtig in Schwierigkeiten.
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TAG194
Ich glaube Umtausch ist am Ende. Es traf uns sehr hart letzte Nacht, nicht viele Verluste, aber die Wand ist hinüber. Wir haben auch endlich herausgefunden, warum die Angriffe eskaliert sind. Eine Kiste mit Vorräten hatte ein Stück des Personals inne. Keine Ahnung wie es passiert ist, aber scheint, als würde ein Stück von ihnen genauso viele anziehen wie ein ganzer Körper. In jedem Fall ist es sowieso zu spät. Es sind zu viele Körper, als dass wir alle wegschaffen können. Wir haben immer noch Zeit die Wand zu reparieren vor Anbruch der Nacht. Janice hat ein Meeting einberufen. Ich schätze es wird darum gehen Umtausch zurückzulassen. Vielleicht versuchen Unterschlupf bei Kassen zu finden oder so. Es wird aber schon spät. Ich bezweifle, dass wir Zeit haben es zu schaffen. Vielleicht schaffen es ja einige von uns. Ich hab es schließlich auch die erste Woche in der Dunkelheit geschafft. Aber dann wiederum, wie oft kann ich noch Glück haben? Ich schreibe das hier nur für ein Gefühl des Abschlusses, schätze ich mal. Für mich, oder für denjenigen, der das hier findet. Falls das hier der letzte Eintrag ist, dann hoffe ich dass derjenige der das hier liest es außerhalb dieses Ortes tut.
Meine größte Angst? Das falls ich heute Nacht sterbe, ich einfach nur am morgen wieder hier aufwache.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

geschrieben von Bianca Hoffmann am 04.04.2023:

Schade,wird es nicht vielleicht doch noch n Teil,oder gleich ne ganze Serie,davon geben?


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