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6xhab ich gern gelesen
geschrieben 2021 von Christine Todsen.
Veröffentlicht: 20.09.2021. Rubrik: Unsortiert


Der Brief

Holger nahm die Post aus der Briefkastenanlage am Eingang des 20-Parteien-Mietshauses. Nur ein einziger Brief lag diesmal im Fach. Es trug immer noch die Aufschrift Weber/Hollmann, obwohl Linda und er schon seit einem Jahr beide Weber hießen. Aber manchmal kam eben noch Post, die an Linda Hollmann adressiert war.

Normalerweise gehörte das Hereinholen der Post zu Lindas Aufgaben, doch sie war zu ihrer Schwester Katrin an die Nordsee gefahren, um bei ihr einen Kurzurlaub zu verbringen. In drei Tagen, zu Holgers Geburtstag am 23. September, wollte sie wiederkommen.

Zuerst sah er nur die Rückseite des Umschlags. Er stutzte, denn er erkannte sofort die Schrift seiner Frau. Tatsächlich lautete der Absender: Linda Weber, p.Adr. Katrin Hollmann…

Warum schickte sie ihm etwas per Post, obwohl sie in drei Tagen wiederkommen wollte? Er ließ den Brief in seine Tasche gleiten und sah dabei zufällig die Vorderseite. Fassungslos zog er ihn wieder heraus.

Die Sendung war an den Mitmieter Karsten Schröder adressiert, einen gutaussehenden, zweimal geschiedenen Hobbykünstler!

Der Postbote hatte sie falsch eingeworfen. Holger wusste, dass er sie sofort in das Fach des angegebenen Empfängers legen müsste. Aber welcher Ehemann in einer solchen Situation täte das?

Holger nahm den Brief mit und legte ihn auf den Küchentisch. Einen Augenblick rang er noch mit sich, dann schlitzte er ihn gesetzwidrigerweise auf.

Das Erste, was er herauszog, war ein Foto. Lindas lachendes Gesicht, unter blauem Himmel, umrahmt vom Sanddorn der Düne. Am liebsten hätte er Karsten Schröder auf der Stelle mit dem Brieföffner erstochen.

Dann sah er, dass der Umschlag auch ein Blatt Papier und eine Karte enthielt. Mit Abscheu faltete er zuerst den Bogen auseinander und zwang sich, ihn zu lesen. In Lindas schöner Handschrift stand dort:

Sehr geehrter Herr Schröder,
hier das Foto. Bitte stecken Sie es, wie besprochen, in den von Ihnen angefertigten kunstvollen Rahmen und legen Sie es dann, mitsamt der beigefügten Karte, am 23. September ganz früh in unseren Postkasten, damit mein Mann es noch vor meiner Rückkehr erhält. Bezahlt hatte ich den Rahmen ja schon. Danke!
Mit freundlichen Grüßen
Linda Weber

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Weißehex am 21.09.2021:

Da hat er ja ein Eigentor geschossen 😉




geschrieben von Christine Todsen am 21.09.2021:

Ich habe extra an dieser Stelle aufgehört, damit die Leser ihre Fantasie spielen lassen können: was macht er jetzt bloß? (*lach*)




geschrieben von Susi56 am 27.09.2021:

Süüüüß! Noch besser wäre gewesen, er hätte Herrn Schröder schon eine drauf gehauen... Oh, Mann!




geschrieben von Christine Todsen am 27.09.2021:

Hahaha! Schuld an allem war ja eigentlich der Postbote. Vor kurzem habe ich mich selber sehr über eine Schlamperei der Post geärgert. Dadurch wurde ich zu der Geschichte inspiriert. Somit hatte der Ärger im Endeffekt doch sein Gutes!

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