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geschrieben von Annegret Quarkkuchen.
Veröffentlicht: 21.12.2021. Rubrik: Unsortiert


Garben hält nichts

Regen peitschte. Pfützen sammelten sich in Zeltplanen und Wimpel hingen schwer im Wind. Bis auf ein paar vereinzelte Verkäufer war der Jahrmarkt wie ausgestorben. Obwohl es Abend und Wochenende war, schreckte das Unwetter wohl jede Art von Besucher ab, die sonst den Jahrmarkt mit so viel Freude und Gefühlen bevölkert hätten.

Garben, ein durchnässter Mann, zog gegen den Regen durch den Matsch und schlang seine schwarzen Ärmel um einen kopfgroßen Gegenstand. Vor einer geschlossenen Schießbude klopfte er an.
„Wir haben geschlossen“, rief von Innen eine ärgerliche Stimme heraus.
„Ich wollte ja auch gar nichts kaufen. Ich suche etwas!“, brüllte Garben durchnässt gegen den Sturm zurück.
Rumpeln. Die Tür wurde geöffnet.
„Was suchen Sie denn?“, rief der Budenbesitzer.
„Den Sinn des Lebens. Haben Sie ihn hier zufällig irgendwo gesehen?“
„Was?“ Der Budenbesitzer wollte die Tür wieder schließen, doch Garben stellte seinen Schuh zwischen die Tür.
„Hier“ und er hielt dem Budenbesitzer ein Schwarz-Weiß-Foto vors Gesicht. Nach einem Zögern machte der Budenbesitzer die Tür ganz auf und zog Garben herein.

Am Tisch wurde das Foto unter der Deckenlampe näher betrachtet: „Das ist ja eine Melone“, stellte der Mann fest „Am Strand.“
„Richtig“, sagte Garben und legte den Gegenstand aus seiner Hand daneben.
„Aber das ist ja die Melone“, entfuhr es dem Mann.
„Die Melone, die hab ich ja schon. Die such ich nicht mehr.“
„Sondern?“
„Den Strand!“

„Jetzt mal der Reihe nach“, der Budenbesitzer schüttelte den Kopf: „Was hat das zu bedeuten. Und was hat der Sinn des Lebens damit zu tun?“
„Der Weg ist das Ziel - nicht das Ziel“, erklärte Garben und schwieg. Als er immer noch nicht weiterredete, nickte der Besitzer vorsichtig mit dem Kopf.
Garben fuhr fort: „Mein Ziel ist es, auf meinem Weg die Welt zu verändern.“
Schweigen.
Wieder nickte der Mann.
„Doch…“, fuhr Garben fort „Ich habe die Melodie verloren“
„Die… Melodie“, sagte der Mann.
„Ja, die mich zum Ziel führt. Das Grundgefühl, das da ist oder auch nicht. Bei mir ist es gerade nicht da.“
„Das ist also eher metaphorisch zu verstehen?“
Garben nickte.

Der Mann, froh dass seine Fragen nun auf Anklang stießen, fuhr fort: „Und die Melone und das Foto? Was hat es damit auf sich?“
„Das ist auch eher im übertragenen Sinne zu verstehen: Der Sinn des Lebens ist nicht greifbar - nicht sichtbar. Doch um das den Leuten näher zu bringen, habe ich mir das Gleichnis der Melone ausgedacht“.
Der Mann schwieg.
Garben ergänzte: „Zum besseren Verständnis“. Garben schwieg.
Der Mann nickte.
Garben schwieg noch immer.
„Ich verstehe“, sagte der Mann vorsichtig.
Garben fuhr fort: „Sehen Sie? Ansonsten ist der Wiedererkennungseffekt natürlich größer.“
„Der Wiedererkennungseffekt“
„Ja - wer würde denn freiwillig nur mit einer Melone und einem Foto durch die Welt ziehen?“
Der Mann sagte nichts dazu.
„Ich muss doch einen Eindruck bei Ihnen hinterlassen, um meine Botschaft zu verbreiten!“
„Botschaft?“
„Frieden“, stimmte Garben zu. „Doch das Wichtigste für Sie zum Merken ist -“

Es hörte auf zu regnen. Garben stoppte abrupt.
„Die Melodie“, rief er plötzlich: „Die Melodie ist wieder da“
„Ich dachte das wäre nur eine Metapher“, sagte der Mann. Doch Garben stürmte schon aus der Tür. Der Mann blieb zurück und kratzte sich am Kopf. Dann sprang er auf: „Warten Sie, Sie haben ihre Melone vergessen - und das Foto“.
Doch Garben war bereits verschwunden.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von ehemaliges Mitglied am 22.12.2021:

hihi :-)

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