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geschrieben von kurt eichhorn (kurt eichhorn).
Veröffentlicht: 19.01.2019. Rubrik: Unsortiert


ich nenne es karma

ich nenne es karma

ich nenne es karma

"aicha, wenn ai-ai wirklich tot ist, sollst du es mir sagen und nicht deine mutter. wenn du es mir sagst, weiss ich dass du es mit echten gefuehlen sagst, ohne falschheit oder uebertreibung. ich kann dann freier reagieren und verwechsele meine trauer nicht mit dem missfallen ueber die falschen toene."

seit gut 10 tagen ist ai-ai verschwunden. schon kurz davor war mehrmals ein paar tage nicht zum fressen gekommen. genauso war es auch als er bei mir auszog, erst blieb er mehrmals ein paar tage weg und dann immer laenger und am ende kam er gar nicht mehr zurueck. er lebte bei meiner ex auf dem dach. meine hoffnung ist, dass er diesmal auch nur wieder umgezogen ist, aber wohin blos?

ich gab ihm den nahmen ai-ai wegen meiner seefahrer romantik. er war mir wie ein kleiner sohn. allerdings sah er in mir seine mutter. als ich ihn vor ein paar jahren fand, war er kaum aelter als 2 monate und krank und schwach. zuerst brachte ich ihm etwas zum fressen, dann lief er mir hinterher und ich habe ihn mitgenommen. offensichtlich vermisste er seine mutter, denn er wollte immer an meinen brustwarzen oder meiner haut saugen. an meinen brustwarzen tat das weh wegen seiner kleinen spitzen zaehnchen. ich war froh, wenn er sich mit meinem arm oder bauch zufrieden gab. das ging dann etwa 1 1/2 jahre so. immer wenn ich ihm mit freiem oberkoerper zu nahe kam, schaute er sehnsuechtig auf mein brust und wollte sofort saugen. ich fand das ok, dass ich fuer ihn seine mutter war. meine freunde waren perplex, sie hatten sowas noch nie gesehen. fuer sie hatte ich mir ein raetsel ausgedacht: "ai-ai ist zwar mein sohn, aber ich bin nicht sein vater." nur einer fand die logische antwort, dass ich dann seine mutter sein muesse. dieses paradoxon war fuer alle eine grosse belustigung.

ich hatte ai-ai von ost-java mit nach banyuwangi gebracht. bei mir lebten bereits 3 junge katerchen und deren mutter hanchen. sie mochte ai-ai von anfang an nicht und attackierte ihn. mit den katerchen verstand er sich besser, vor allem an dem roten hooki, weil der der staerkste in der gruppe war. hanchen gefiel das nicht und sie versuchte ihn zu vertreiben. ai-ai konzentriere sich mehr und mehr auf mich. er lief mir ueberall hinterher und "half" mit bei der gartenarbeit oder im studio. wenn er gegen ein bild pisste, wusste ich dass an dieser stell weiss fehlt. ich nahm ich ihn mit auf spaziergaenge. fuer die bauern war das ein ungewoehnlicher und amuesanter anblick, dass ein kleiner weisser kater mit seinem besitzer spazieren geht. ai-ai war bald im ganzen dorf bekannt. meine anderen katzen gingen nicht mit mir spazieren.

ai-ai war sehr laut und sein schwanz stand immer senkrecht wie eine antenne, wenn er hinter mir her rannte. machmal musste ich gedultig warten, bis er mit seinen beschaeftigungen fertig war. er lief auch mitten in die reisfelder, wohin ich ihm nicht folgen konnte. als wir einmal noch ca. 20 minuten vom haus entfernt waren, liess er mich so lange warten, dass ich die gedult verlor, ich ging nach hause. "er wird schon alleine den weg finden", dachte ich. am naechsten morgen war er immer noch nicht da. ich machte mir ernste sorgen, denn es gibt hier verwilderte hunde. ich ging den weg zurueck bis zu unserem pondok (kleine rasthuette in den reisfeldern), wo wir gelegentlich eine pause machten. er sass oben auf dem dach und hielt ausschau wie der schiffsjunge im mastkorb. "ai-ai" sagte ich, "komm nach hause, junge, es gibt lasbkau". das war der name einer alten seemanns speise. er hatte die ganze nacht auf mich gewartet und war gluecklich und aufgeregt mich endlich zu wiederzusehen.

meine katerchen wurden langsam geschlechtsreif und es gab immer haeufiger spannungen, auch hooky war nicht mehr auf ai-ai's seite. ugel, mein schwarzer hatte ai-ai den kampf angesagt. es ging jetzt darum, wer hier bleibt und wer gehen muss. kater teilen sich selten ein revier. oft musste ich in die kaempfe eingreifen. es war immer ugel, der ai-ai das leben schwer machte. ai-ai war ein lauter kater, wenn er angegriffen wurde, schrie er wie am spiess, sodass ich ihn ueberall hoeren und retten konnte. allein lassen konnte ich ihn nicht. wenn ich zurueckkam, hatte ihm ugel einige bisswunden zugefuegt. ai-ai war der juengste. die anderen waren staerker und eine familie.

auf kurze geschaeftsreisen nach ost-java nahm ai-ai oft ein paar tage mit. ich wohnte in dieser zeit in einer fabrik im dschungel und in der nacht war ich nicht mehr so alleine. auch dort spazierten wir im wald und in den reisfeldern umher. das gelaende um die fabrik hatten allerding 2 kraeftige kater brueder unter sich aufgeteilt. den einen nannte ich paul und ich gab ihm von ai-ai's fressen etwas ab. er war aber keineswegs dankbar gegenuebr ai-ai und verpruegelt ihn haeufig. ai-ai war ja noch sehr jung und hatte grosse angst vor paul. einmal habe ich paul geschnappt, nachdem er ai-ai wieder gebissen hatte und habe ihm mit meinem flipflop den hintern versohlt. da er wegen ai-ai ein schlechtes gewissen hatte, musste in ihn austricksen, dh ich tat arglos und hab ihn dann ploetzlich geschnappt. ein paar tage spaeter, als ich ihn arglos streicheln wollte, hat er sich geraecht und mir in den arm gebissen. ich habe es ihm durchgehen lassen, es war simple rache. ich haette nicht eingreifen sollen. es fiel mir nur sehr schwer mitanzusehen, wie ai-ai immer wieder verpruegelt wurde. dazu muss alledings noch gesagt werden, dass ai-ai, obwohl er noch klein war, die aeltern kater oefter provozierte. als einmal pauls bruder vorbeikam, der im rang noch ueber paul stand, machte ai-ai ihm eine kampfansage in form einer art tanz mit hohem buckel und gestraeubten haaren. der erwiederte die geste, nahm ihn aber sichtbar nicht ernst. paul hatte sich verzogen als sein bruder auftauchte. es ging also um den 2. paltz in der hierachie und nicht um den ersten. der oberkater war nicht die gefahr, sodern paul, der nicht noch weiter in der hierarchie abrutschen wollte. weil ai-ai immer schrie wie am spiess, konnte ich ihn meist retten, aber ich war froh, wenn wir wieder richtung heimat fuhren. dort gabs zwar auch kaempfe, aber die waren nicht ganz so gefaehrlich. paul war ein grosser ausgewachsener kater.

da ai-ai alleine war, habe ich immer nur ihm geholfen. ausserdem tauchten auf dem grundstueck ploetzlich noch weitere kater aus der umgebung auf. sie wollten sich auch an den revierkaempfen beteiligen. einen nannte ich poppy (nach popeye), er war stark und aggrresiv. ai-ai verwechselte ihn einmal mit hooky, beide hatten fast die gleiche roetliche farbe und lief arglos auf poppy zu. poppy stuerzte sich sofort auf ihn. wieder kam ich gerade noch zur rechten zeit. an den kaempfen waren 6 -7 kater beteiligt. mit der zeit verschwanden immer mehr kater, auch meine beiden roten, hooky und baerchen. der kleine schwarze ugel war der furchloseste von allen. er war sehr geschmeidig und flink und hatte wie seine mutter keinen schwanz, aber deren extrem lange zaehne. alle fuerchteten ugel, auch poppy obwohl er viel groesser war. ich habe immer noch das bild vor augen, als ugel stark und mutig die strasse ueberquerte und direkt in poppies revier eindrang.

jetzt waren von meine katerchen nur noch ugel und ai-ai uebrig. sie kaempften immer haufiger und wuetender, dh ugel attackierte ai-ai unentwegt. ai-ai wollte sich aber nicht vertreiben lassen. es kamen auch fremde kater um ai-ai herauszufordern, tauchte ugel auf, verschwanden sie alle schnellstens. dabei sah ugel so klein und niedlich aus. er war ein teufel, jedenfalls was das kaempfen anging: furchtlos, leise und schnell. ai-ai machte viel laerm beim kaempfen, so als wolle er dadurch die anderen einschuechtern. ugel war lautlos und gefaehrlich. wer von den beiden muss also gehen. ai-ai hatte keine chancen gegen ugel. eines tages entschloss ich mich schweren herzen ugel abzugeben. er kam in ein anders dorf und dort habe ich ihn leider aus den augen verloren, weil die neuen besitzer unbekannt verzogen. ich hatte sehr lange fuer diese entscheidung gebraucht. schon nach 2 tagen bereute ich sie, ich vermisste meinen ugl. ich war stolz auf ihn, den boss aller kater in diesem revier. als ugel weg war wurden die fremden kater immer frecher. ai-ai aber liebte ich mehr als ugel, da ich ja seine "mutter"war. durch das saeugen hat er in mir muttergefuehle geweckt. seltsam aber anders kann ich es mir nicht erklaeren. jetzt ist auch ai-ai komplett verschwunden. vielleicht ist das bei katzen so, dass sie irgendwann ihre mutter verlassen muessen. ich bin sehr traurig. ugel haette mich bestimmt nie verlassen, er hatte sich hier ein revier aufgebaut. "heul, heul, heul". komm zurueck an bord alter haudegen, es war ein fehler dich wegzugeben". ai-ai der alte egosit hat mich ganz bewusste verlassen. ich nenne das karma.

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