Veröffentlicht: 28.04.2025. Rubrik: Menschliches
Bad muss einkaufen (Teil 6)
Endlich bei der Kassiererin angekommen werde ich auch zügig abgefertigt. Sehr zügig sogar und ich frage mich, warum dass dann vorher so lange gedauert hat? Mit flinker Hand nimmt sie jeden Artikel, dreht den darauf aufgeklebten Barcode nach unten und zieht ihn über den Scanner. Das Obst wiegt sie, ganz zu meinem Erstaunen, ebenfalls mit dem Scanner. Tolle Technik.
Nicht so gut gefällt mir, dass ich die von meiner Süßen angegebenen Mengen auf dem Einkaufszettel deutlich überschreite. Ob das wohl später Gemecker gibt? So habe ich zum Beispiel zwei Kilogramm Weintrauben eingekauft anstatt nur einem und auch Äpfel, Birnen und die Bio-Drillingskartoffeln, die es zu Heringsstipp geben soll, verfehlen ihr Zielgewicht deutlich nach oben.
Es bewahrheitet sich mal wieder, ein Mann sollte einfach nicht Einkaufen fahren, wenn sein Magen knurrt. Eine gute Ausrede, die ich direkt abspeichere, um mich vor meiner Süßen später zu rechtfertigen, warum ich den halben Obst und Gemüsestand eingekauft habe. Plötzlich stockt das System der Kassiererin, mehrfach zieht sie einen Artikel über den Scanner und immer ertönt ein Signal, das der Barcode nicht gelesen werden konnte.
Ich vermute, dass das öfter vorkommt und so erklärt sich dann auch, warum ich so lange in der Schlange stand, obwohl die Kassiererin flinke und geübte Hände besitzt. Schöne Hände noch dazu, wie ich feststelle. Wie aus einem Guss und vor allem natürlich und nicht angepinselt. Sie könnten denen, von meiner Süßen, glatt Konkurrenz machen, aber da sie nicht an meiner Süßen angewachsen sind, haben sie keine Chance.
Während die Kassiererin in der Kasse nach dem Preis sucht, um ihn manuell eingeben zu können, werfe ich schon mal einen Blick auf den Parkplatz. Wie nicht anders zu erwarten Chaos pur. Ein Rangieren, ausweichen, fluchen in einer Tour und ich bereite mich schon einmal seelisch darauf vor, gleich in dieses Chaos einzutauchen. Die Erinnerung, dass ich den ganzen Parkplatz einmal überqueren muss, lässt in mir die Überlegung keimen, ob ich am Auto auch lebendig, und am liebsten auch noch unversehrt ankomme.
Die Kassiererin weckt mich aus meinem Wachtraum von umherfliegenden Gliedmaßen und einem blutigen Gemetzel, die wohl noch eine Nachwirkung des Einkaufswagen-Unfalls sind, indem sie mir die zu bezahlende Summe nennt. Anscheinend muss ich etwas ungläubig gucken und deshalb dreht sie das Kassendisplay mit ihren wohlgeformten Fingern in meine Richtung, damit ich nachlesen kann, dass ich mich nicht verhört habe.
Ja, ich habe viel eingekauft, aber der Einkaufswagen müsste in meiner Vorstellung eigentlich doppelt so groß und bis oben hin gefüllt sein, um diesen Preis zu rechtfertigen. Die EC-Karte ist schnell gezückt und ich erlaube mir einen Scherz mit der Kassiererin „Ist bei dem Preis auch noch ein Abendessen mit Ihnen enthalten?“ Zu meiner Zufriedenheit entdeckt sie die Ironie in meiner Aussage und gibt frech zurück „Wenn Sie dreißig Jahre jünger und den Langhaar-Mopp von ihrem Kopf nehmen würden, wer weiß!“ Ein bezauberndes und strahlendes Lächeln schlägt mir entgegen und auch wenn ich weiß, dass meines da sicher nicht mithalten kann, bin ich bemüht, und unterstreiche das noch mit einem „Es war mir eine Freude mit Ihnen Geschäfte zu machen, schade, dass das Geld nicht auf Ihrem Konto landet!“
Ein wehmütiges Lachen schenkt sie mir noch, bevor sich unsere Wege trennen. Auch wenn mir die junge Frau sehr sympathisch war, hoffe ich doch insgeheim, sie nie mehr widerzusehen. Jedenfalls nicht an der Kasse dieses Wucher-Tempels der sich immer noch Supermarkt nennt, obwohl er diesem Namen wahrscheinlich seit fünf Jahrzehnten nicht mehr gerecht wird. In meiner Kindheit sah ich das noch anders, war der Supermarkt nicht nur Spielplatz und Inspiration, sondern auch noch eine Form des Schlaraffenlandes, zumindest wenn ich mit Oma einkaufen gehen durfte.

