Veröffentlicht: 11.07.2025. Rubrik: Nachdenkliches
Bergsteiger
Ben war ein richtig guter Bergsteiger. Jeden Tag nahm er seinen Wanderrucksack und Kletterequipment und begab sich in das gefährliche Gebirge. Seine Mutter fürchtete schon so manches Mal, dass ihr Sohn nicht heil zurückkommen würde. Doch Ben liebte das Bergsteigen. Es war als würde er einem Ruf folgen. Heute hatte er eine Route geplant, die er bisher gemieden hatte. Sie hatte bereits Leben gekostet und Ben wollte nicht der Nächste sein. Doch heute fühlte er sich gut. Ein Jahr lang war er auf den schwierigsten Gipfeln seiner Gegend gewesen. Er hatte zwar immer noch ein leicht mulmiges Gefühl im Bauch, aber das konnte ihn jetzt nicht mehr abhalten. Er stand vor der steilen Wand, die ihn viele hundert Meter nach oben führen sollte. Dies war kein Tagesausflug. So viel wusste er. Wenn er Glück hatte, wäre er in vier Tagen wieder unten. Das Wetter sah gut aus. Und sein Körper fühlte sich fit an. Er band die ersten Knoten, befestigte seinen Rucksack und begann die ersten Kletterzüge. Sofort schoss das Adrenalin in seine Adern. Dies war sein Ziel gewesen. Einmal diese Route zu klettern. Die ersten Meter klappten wie immer. Er fühlte sich sicher und alles lief nach Plan. Der schwierige Teil würde erst am zweiten Tag auf ihn warten, mit Überhängen und einigen Kaminen. Doch Ben gab nicht auf und kletterte weiter. Die Nacht verbrachte er auf einer kleinen Anhöhe, die durch Erosionen in den Berg gehöhlt wurde. Er schlief gut und am nächsten Morgen hatte er erneut Kraft und fühlte sich für das nächste Stück gewappnet. Ben band alles fest und nahm die Herausforderung an. Die Strecke kostete viel Kraft. Aber es gelang ihm. Am Überhang wäre er beinah abgerutscht. Doch das Glück war ihm wohlgesonnen und er kam sicher auf der nächsten Zwischenetappe an. Die Nacht regnete es ein wenig und Ben fror leicht. Die Anstrengung lag ihm deutlich in den Gliedern. Am nächsten Morgen war Ben geschwächt und er spürte eine leichte Erkältung annahen. Er dachte, nur noch ein Tag. Das werde ich doch schaffen. So sehr sich Ben wünschte, weiterzuklettern, war er klug genug um umzukehren. Vielleicht hatte er nicht den Gipfel erklommen und die tolle Aussicht genießen dürfen. Doch er hatte es geschafft, den schwierigsten Teil aus eigener Kraft zu klettern. Er war stolz und seine Klugheit hatte ihm vielleicht das Leben gerettet.

