Veröffentlicht: 20.09.2025. Rubrik: Persönliches
*Chatroom*
[Ein Triple Drabble]
Froh darüber, nach der Scheidung die Last des nichtsnutzigen Ehemanns nicht mehr ertragen, weder Sportschau, noch sämtliche anderen Fußballspiele im Fernsehen anschauen zu müssen, ging ich meinem Alltag nach mitsamt seiner mir wichtigen Freizeitbeschäftigungen. So spielte ich weiterhin auf meinem Akkordeon, besuchte regelmäßig eine Angehörigengruppe der Anonymen Alkoholiker, wo ich fatalerweise hingehörte, und tirilierte mit Eifer in einem kirchlichen Gospelchor.
Ungeachtet dessen kamen meine zwei von Fürsorge erfüllten, halbwüchsigen Kinder nach einiger Zeit auf die Idee, so ginge es nicht weiter mit mir. Ich müsse dringend mal rauskommen aus meiner Tretmühle, mal neue Leute kennenlernen, in ein moderneres Umfeld hineinwachsen, so wie sie, die sich längst im Internet auskannten.
Ich ließ mich anstecken und überzeugen von ihrer Idee, meine Kleine setzte sich sogleich mit mir vor den PC. „Gesellschaft, Gemeinschaft“ googelte sie, der PC zeigte Communities an: „Also, da haben wir es ja schon“, lautete ihr Kommentar und schon war ich angemeldet. Das Chatten machte mir von Anbeginn Spaß, es lief gut, ich versank allabendlich vor dem Bildschirm. Bald erfuhr ich, dass es sich bloß um ein dreiwöchiges Probe-Abonnement handelte. Also googelte ich, nunmehr selbständig, das Wort „Community“ und landete bei Spin.de. „Stell dir vor, sie hat sich selbständig angemeldet, sie hat das ganz alleine geschafft“, rief meine Iris ihrer Schwester begeistert zu, was für ein Lob!
Seit vielen Jahren kurve ich nunmehr in Chaträumen herum, einer meiner allerersten Chatpartner ist mir bis heute als treuer Freund geblieben. Nach und nach habe ich mich etwas mehr getraut, der Chat wurde mir lieb und teuer. Alle möglichen Chaträume waren nicht mehr sicher vor mir. Alte Schulfreunde habe ich ausgegraben auf einer entsprechenden Plattform, und ja, sogar auf der einen oder anderen Partnerbörse habe ich mich umgeschaut, auf Männerprofilen herumgestöbert, herumgeschnüffelt, wie es im Internetjargon heißt, und ja, so manche waren verheißungsvoll.

