Veröffentlicht: 27.09.2025. Rubrik: Total Verrücktes
Der Morgen hält nur Schrecken bereit
Aus einem Rausch zu erwachen, ist für mich reinste Routine. Meine Gehirnzellen sind praktisch darauf trainiert, etwas aufzunehmen, um es nur Stunden später für immer zu vergessen. Der Alkoholspülung sei Dank, die mich stets von unnötigem Ballast befreit.
So schreckt mich die Umgebung nicht, als ich die Augen aufschlage und mir die Räumlichkeiten fremd vorkommen. Schrecken tun mich allerdings die beiden ganzkörpertätowierten Damen, die links und rechts neben mir dösen. Mein Gehirn gibt mir partout keine Rückmeldung zu irgendeiner Erinnerung.
Auch der Umstand, dass ich im Adamskostüm unter der Bettdecke liege, sorgt bei mir für Irritation, war ich doch ganz sicher bekleidet, als ich meine Wohnung verließ. Die Damen machen mir schlafend schon Angst, als ich mir ihre bunten Körperbilder näher betrachte.
Da sind sexuelle Handlungen abgebildet, die ich mir in meinen kühnsten Fantasien nicht vorstellen könnte. Sicherheitshalber schaue ich nach, ob noch alles an mir dran ist. Alles gut! Wenn ich auch in manchen Körperteilen kein Gefühl mehr spüre und mich wundere, warum mein Körper an intimen Stellen mit blauer und grüner Farbe beschmiert ist.
Als sich eine der Damen zu mir umdreht, ist des Rätsels Lösung offensichtlich: Klebt doch noch ein Hauch blauen Lippenstiftes an ihren Lippen. Den Rest mag ich mir gar nicht vorstellen, und leichte Panik durchflutet meinen Körper. Der Versuch, mich heimlich davonzuschleichen, misslingt, denn gerade als ich mich schlangenartig aus der Decke winde, greift mir Dame zwei zielsicher an meine Cobra und glaubt im Traum wohl, eine Kuh zu melken.
Auch wenn ich mich darüber freue, in dem Körperteil doch noch etwas zu spüren, sind die Schmerzen nicht von schlechten Eltern. Schnell beiße ich mir in die Hand, um nicht aufzuschreien und die beiden künstlich eingefärbten Ungeheuer zu wecken, denn noch keimt Hoffnung in mir, die Szene möglichst unbeschadet verlassen zu können.
Ich habe den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als Ungeheuer eins ein Auge aufschlägt und mich mustert. Es wieder schließt und anscheinend wieder ins Koma zurückfällt, bis sie mich vom Gegenteil überzeugt, indem sie mich mit ihrem Arm umschlingt und an sich zieht, während Dame zwei noch immer geübt meine Schlange würgt.
Ihr Atem riecht wie eine uralte Cocktailbar und als sie mir ihre Zunge über die Wange zieht und ins Ohr stöhnt: „Wo willst denn hi, Badi? Wir san noch loang nit fertich mit dich!“ Schrecke ich schweißgebadet aus meinem Traum auf.

