Veröffentlicht: 17.12.2025. Rubrik: Unsortiert
Weihnachten in der Fremde
Weihnachten in der Fremde
In tausend Metern haben sie ihr Ziel erreicht.
Das Radio spielt Chrismas-Hits in Dauerschleife.
Ich erinnere mich, an meine Kindheit.
Ihr Kinderlein kommet, oh kommet doch all, zusammen mit den Großeltern sangen wir dieses Lied beim Eintreten in die Weihnachtsstube. Es roch nach Plätzchen und Wunderkerzen.
So wird es nie wieder sein, glaube ich.
Bei diesem Gedanken spüre ich einen Kloß im Hals.
Jetzt kann ich das Ortseingangsschild „Weimar“erkennen.
Hier wo das Goethe und Schillerdenkmal vor dem Deutschen Nationaltheater steht. Ich liebe die Gedichte von Johann Wolfgang von Goethe.
Weimar, darf ich mich wirklich freuen?
Die Navi-Stimme verstummt. Achtsam steigen wir aus. Routiniert hake ich mich bei meinem Mann unter, zusammen folgen wir unserem jugendlichen Sohn.
Es fühlt sich an wie eine stille Nacht, heilige Nacht,
ein kleines bisschen Wehmut nach etwas Vergangenem das schön war, ist auch dabei.
Ein Weihnachtsfest ohne unserem erstgeborenen Sohn mit seiner Lebensgefährtin, ohne Eltern und Geschwistern, so ein Weihnachtsfest gab es noch nie, solange ich auf dieser Welt bin.
Geht das überhaupt?
Dabei schließe ich für einen kurzen Moment meine Augen, ein Film läuft in Sekundenschnelle in meinem Kopf ab.
Kein tagelanges vorbereiten, kochen und putzen. Keine perfekt dekorierte Wohnung, keine liebevoll verpackten Geschenke, drapiert unter der sorgfältig geschmückten Blautanne mit brennenden Kerzen. Kein Glöckchen was läutet.
Niemand ruft, „ist der Sekt gekühlt?“
Im feinen Zwirn warten alle auf die tiefe Stimme mit den Worten,
„Draußen vom Walde, ho, ho, ho,..,“ den Weihnachtsmann mit seinem lieblichen Engel.
Gemeinsam singen wir dann, „O Tannenbaum, O Tannenbaum,“
Märchen werden erzählt.
Unzählige Geschenke werden verteilt, bestaunt, und weggelegt.
Ein Geruch von Bratwurst und Sauerkraut liegt in der Luft.
Stopp sagt meine innere Stimme, ich öffne meine Augen.
Es wird ein anderes Weihnachten, dass spüre ich, dabei atme ich tief ein und aus.
Mama, „wo bist du mit deinen Gedanken?“
„Na hier, bei euch.“
Wir stehen vor einem 4 Sterne Grand Hotel, welches 1805 im Stil des Klassizismus erbaut wurde.
Goethe und andere prominente Gäste haben hier schon Halt gemacht, erfahren wir von einem leitenden Angestellten des Hotels am Eingang.
Eine altertümliche Drehtür führt uns hinein. Vor Aufregung ist mir ganz schwindlig,
mein Herz rast. So einen romantischen Ort, mit weihnachtlichen Flair hatte ich nicht verortet.
Der rote Teppich führt uns geradewegs auf den riesigen geschmückten Tannenbaum zu. In den goldenen und roten Kugeln kann man sich spiegeln.
Die freundliche Rezeptionistin begrüßt uns mit den Worten, „schön das sie sich für unser Hotel entschieden haben, und jetzt genießen sie erst einmal einen russischen Kaffee in der Empfangshalle des Hotels.“
Ein Küsschen meines Mannes, sowie das Zwinkern meines Sohnes sagen mir, es wird ein besonderes Fest. Der nostalgische Fahrstuhl fährt hinauf zu unseren weihnachtlich dekorierten Zimmern.
Duftet es hier nach Orangen und Schokolade?
Nach einer Erfrischung laufen wir bei leichtem Schneefall zur Kirche.
Beim Hineintreten ertönt Orgelmusik. Menschen begrüßen und umarmen sich.
Ein modernes Krippenspiel, begeistert das Publikum. Später freuen wir uns auf einen abendlichen Spaziergang durch die winterliche Altstadt. Ein exquisites Abendessen wartet im Hotel auf unsere verwöhnten Gaumen.
„Schaut mal sogar an Sauerkraut wurde gedacht.“
In unserem gemütlichen Zimmer wartet eine kleine Überraschung auf uns.
Ein Teller mit Plätzchen liebevoll bestückt mit Orangen, Pralinen und Buttergebäck, gleich daneben platziert ein Weihnachtsmann aus hochwertigem Meißner Porzellan. Dies berührt mich sehr.
Wie schon all die Jahre davor, läuft im Fernseher ein klassisches Konzert von Tschaikowski. „Die Nussknacker- Suite“
„Mama, hier diese Flasche Wein von meinem großen Bruder schmeckt bestimmt gut zu den Plätzchen, auch soll ich euch ganz lieb grüßen und umarmen von ihm und seiner Frau.“
Dieses nehmen wir zum Anlass, am Laptop unseren Familien in der Heimat
ein „Frohes Fest“ zu wünschen.
Gegen 23.30 Uhr erreichen wir endlich unseren erstgeborenen Sohn sowie die Liebe seines Lebens. Ein kleines Hüsteln ist am anderen Ende zu hören. „Liebe Mama und lieber Papa, habt ihr schon gesehen was für eine wertvolle Flasche Wein wir für euch ausgesucht haben?“
Mit der rechten Hand greife ich nach der Flasche, um sie genauer zu betrachten, dabei drehe ich sie um 180 Grad. Was ist das für ein Bild? Mir stockt der Atem.
„Oh mein Gott schreie ich.“ Ungläubig schaut mich mein Mann an.
„Was ist los?“ Meine Augen füllen sich mit Wasser. Tränen kullern über meine heißen Wangen, dabei verschmiere ich mit meinem linken Handrücken den roten Lippenstift. Mit stürmischer Freude falle ich meiner hier anwesenden Familie um den Hals.
„Es ist ein Wunder geschehen, wir werden im kommenden Jahr Großeltern
und du mein Sohn, wirst Onkel.“ Jetzt kullern auch meinem Mann und unserem zweit geborenen Sohn Tränen vor Rührung über die erröteten Wangen. Mit so einem traumhaften Weihnachtsabend hatte niemand gerechnet.
Auf dem Bildschirm sind ebenfalls Freudentränen zu erkennen. Wir wünschen uns viel Glück, Gesundheit, Frieden und ein baldiges Wiedersehen
Nun ist der Bildschirm wieder schwarz.
„Mir fällt noch etwas geschichtliches ein, wispert unser Sohn.
Am 24. Dezember 1818 wurde das Lied „Stille Nacht“ das erste Mal in der römisch-katholischen Kirche St. Nikola bei Salzburg aufgeführt.
Ein Läuten, die Glocken der Jakobskirche sind zu hören.
Glücklich stoßen wir mit einem Glas Sekt an.
„Frohe Weihnachten.“
In Gedanken versunken summe ich, ihr Kinderlein, kommet,..“
Wir schauen uns an und singen gemeinsam, „Ihr Kinderlein kommet, oh kommet doch all.“
Alle Jahre wieder.
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