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geschrieben 2025 von Elmar Braig (Elmar Braig).
Veröffentlicht: 08.11.2025. Rubrik: Unsortiert


Indahin

Klaus Nagel war so sehr in seine Lektüre vertieft, dass er das Kommen seines Bruders Philipp gar nicht bemerkte. Auf einmal ging die Tür auf und die beiden Herren, die sich beide in den 40ern befanden, starrten sich an. „Hallo Klaus“. Klaus lächelte. „Philipp, schön dich mal wieder zu sehen!“ Die beiden umarmten sich und Philipp setzte sich zu Klaus an den alten Tisch. „Was liest du da?“ „Ein Roman von Opa.“ „Ich wusste gar nicht, dass der geschrieben hat.“ „Ich auch nicht, ich habe dieses Manuskript auf dem Dachboden gefunden.“

Philipp griff nach den zusammengehefteten Seiten, die mit Schreibmaschine beschrieben waren und sah sich die Titelseite an. „Indahin von Peter Nagel“. „Worum geht es denn darin?“ „Um eine fiktive Droge. Er war ja Polizist und hatte hautnah mitbekommen, wie sich das Heroin immer mehr verbreitet hat.“ „Und Indahin ist die fiktive Droge?“ „Ja genau“ „Sollte man das gelesen haben?“ „Naja, sein Schreibstil ist nicht so prickelnd, aber auch inhaltlich ist es schwer verdaulich. Ist vor allem Schwarzmalerei. Er schreibt darin, dass große Teile der Gesellschaft von Indahin abhängig wären. Einer Droge, die erst einmal keine körperlichen Schäden verursachte und deswegen legal sei. Sie führte aber schnell zu schwerer Abhängigkeit und führte dann zu Depressionen. Die Menschen müssten sich alle paar Minuten einen Schuss mit Indahin geben. Dementsprechend gäbe es immer weniger Personen, die über längere Zeit konzentriert eine Tätigkeit ausüben könnten. Eltern hätten keine Zeit mehr für ihre Kinder, weil sie ständig mit Indahin zugedröhnt wären. Damit die Kinder sie nicht störten, bekämen sie selber Indahin. Und das, obwohl alle Ärzte davon abrieten. Wenn sie von etwas abgehalten werden sollten, gäbe man ihnen stattdessen Indahin. Das würde bei ihnen ein Glücksgefühl auslösen und sie hätten kein Interesse mehr an anderen Dingen. Viele Eltern hätten Angst, dass ihre Kinder auf Bäume kletterten, aber sie hatten keine Probleme, ihnen diese Droge zu geben. Kinder bekämen Indahin zur Beruhigung, zur Belohnung, zur Unterhaltung und zur Beschäftigung. Schon kleine Kinder, die noch im Buggy gefahren werden, bekämen Indahin. Ganze Familienstrukturen brächen zusammen, weil alle in der Familie nur noch Indahin konsumierten. Egal ob zu Hause, bei der Arbeit, im Kaufhaus, im ÖNV oder in der Schule: Wo immer Menschen wären, konsumierten sie Indahin. Sehr, sehr schwarzmalerisch“

Philipp hörte seinem Bruder aufmerksam zu, bis der kopfschüttelnd das Manuskript auf den Tisch legte. „Opa war halt doch etwas arg abgefahren. Nee, lohnt sich nicht zu lesen.“ „Er überrascht mich immer wieder, selbst nach seinem Tod. Ich erfahre gerade von dir, dass er nicht nur Texte verfasst hat, er hatte offensichtlich auch hellseherische Fähigkeiten.“

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