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geschrieben 2025 von Florian Link (Hanswurst).
Veröffentlicht: 02.05.2025. Rubrik: Abenteuerliches


Wurst- und Durstgeschichten – Der Hanswurst und der „Indiana Schorsch“ auf der Suche nach der ultimativen Currywurst

Manchmal, wenn ich nichts ahne und einfach nur mein Bier trinke, passiert das Schlimmste: Der Autor hat eine Idee.

Ich bin der Hanswurst, und ich weiß, dass ich in Wahrheit nur aus Buchstaben bestehe. Irgendwo sitzt ein Typ mit zu viel Schnaps intus und Krümeln auf der Tastatur und denkt sich: "Heute schick ich den Hanswurst und seine Bande auf eine Suche. Nach einer Wurst."

Und ich hab keine Chance, mich zu wehren. Also sag ich schon gar nichts mehr. Ich trinke. Und lasse es geschehen.

Es fängt so an: Der Schorsch kommt aus dem Imbiss – aber nicht in seiner normalen Schorsch-Montur. Diesmal trägt er keinen weißen Kittel und auch keine Schürze, sondern eine alte Lederjacke, eine viel zu große Hose, Stiefel und einen Hut, der aussieht, als hätte ihn ein Rottweiler aus dem Müll gezogen und danach in die Mikrowelle gelegt.

„Ich bin jetzt Indiana Schorsch!“, ruft er und zeigt stolz seine Grillzange, die er wie eine Peitsche schwingt.

„Sehr schön“, sagt der Hape. „Was genau bedeutet das?“

„Abenteuer! Schatzsuche!“, brüllt der Schorsch und zeigt mit der Zange auf die Straße. „Wir suchen die ultimative Currywurst!“

Ich weiß, was jetzt kommt. Ich seufze innerlich. Zur Vorsicht nehme ich mir noch ein Bier aus dem Kühlschrank.

„Und wenn wir die finden?“, frage ich.

„Dann… dann… dann passiert was Großes!“, sagt der Schorsch. Und weil ihm nichts Besseres einfällt, fügt er hinzu: „Dann bin ich berühmt. Und ihr vielleicht auch.“

„Vielleicht“, wiederhole ich. „Sehr schön. Wahrscheinlich eher nicht.“

Aber ich weiß ja, dass der Autor will, dass wir losziehen. Ich atme tief durch. Ich kenne mein Schicksal. Ich werde schwitzen. Ich werde fettige Finger kriegen. Und ich werde am Ende irgendwo, mit Senf auf der Hose, auf einem Bordstein sitzen und überlegen, ob ich noch ein drittes Bier trinken soll. Und ich werde es trinken. Weil der Autor es so will.
Also gehen wir los.

Die erste Bude, die wir finden, heißt „Wurstparadies XXL“. Ein in Neon blinkender Albtraum aus Fett und Träumen.

„Hier“, sagt der Schorsch, „muss es sein.“

Wir bestellen Currywurst. Die Currywurst kommt. Dick eingetunkt in eine Soße, die aussieht wie eine Kreuzung aus Dachpappe und Erdbeerjoghurt. Der Hape fotografiert sie von oben, weil er behauptet, das sei jetzt Kunst. Der Schorsch beißt hinein. Ich beiße auch. Und wir schauen uns an.

„Geht so“, sagen wir gleichzeitig.

„Ziemlich chemisch“, sagt der Hape und macht ein Gesicht, als müsste er spontan ein Gedicht über Magenkrämpfe schreiben und gibt der Wurst auf einer imaginären Skala eine 3 von 17.
Der Schorsch nickt nur grimmig und schwenkt seine Grillzange: „Weiter!“

Also weiter.

Die zweite Bude ist ein alter Bauwagen auf einem Supermarktparkplatz, so schief, dass einem die Pommes runterrollen, wenn man nicht aufpasst. Sie heißt „Wurstmobil Heinz“. Der Heinz selbst steht drin, sieht aus wie einer, der nie schläft und immer leicht schwitzt, selbst bei Minusgraden.

„Hier!“, ruft der Schorsch. „Hier wird sie sein!“

Ich hab wenig Hoffnung. Aber ich esse natürlich mit. Es gibt Pommes Schranke dazu. Ich liebe Pommes Schranke. Auch wenn ich immer denke, dass ich danach mehr Soße als Kartoffel im Bauch hab.

Die Wurst schmeckt… anders. Irgendwie bitter. Irgendwie traurig. Irgendwie nach dem Leben selbst.

„Boah“, sage ich.

„Ja“, sagt der Hape. „Schmeckt wie Montagmorgen.“

Der Schorsch seufzt tief. „Das kann’s noch nicht gewesen sein.“

Irgendwo auf dem Weg stolpern wir in einen kleinen Hinterhof. Da steht eine Bude, die aussieht, als hätte man sie aus vier Paletten, einem alten Dachfenster und einem Aktenschrank zusammengeklebt. Der Name: „Currygeheimnis 2000“.

„Jetzt aber!“, ruft der Schorsch.

Drinnen brät eine Frau, die auf einem Auge schielt und auf dem anderen wahrscheinlich den Sinn des Lebens gesehen hat. Sie lächelt uns schief an.

„Was darfs sein?“, fragt sie.

„Die ultimative Currywurst“, sagt der Schorsch.

„Geheimrezept“, sagt sie. Und zwinkert und serviert uns eine Wurst, bei der die Soße schon aussieht wie ein Experiment aus der fünften Klasse: blubbern, zischen, riechen.

Ich beiße hinein.

Und ich schwör: Ich schmecke… alles. Glück. Kindheit. Schmerz. Hoffnung. Freibadpommes. Baggerseen. Tabasco. Betrunkene Nächte. Erste Küsse. Und das schlechte Gewissen danach.

„Die isses!“, rufe ich.

„Fast“, sagt der Schorsch. „Nicht schlecht. Aber… es fehlt was.“

„Ein Zuhause-Gefühl“, sagt der Hape klug.

Und ich nicke, weil ich weiß, dass ich an dieser Stelle nicken muss und ich hab Tränen in den Augen. Entweder wegen der Schärfe oder wegen der Erinnerungen. Oder weil der Autor mir hier gerade Tränen hinschreibt. Ich weiß es nicht.

Wir schleppen uns zurück zum Imbiss ums Eck. Müde. Voll. Durstig. Enttäuscht.

„Vielleicht gibt’s die ultimative Wurst gar nicht“, sagt der Schorsch und wirft seine Grillzange auf den Tisch.

„Vielleicht war sie nur eine Illusion“, murmelt der Hape dramatisch.

„Vielleicht…“, sage ich.

Und dann ruft der Schorsch nach hinten in die Küche: „Schmeiß uns drei Currywürste raus, Schorsch! Mit scharfer Soße und allem!“

Und der Schorsch – also der Schorsch in normal, nicht der Indiana Schorsch – grummelt und schimpft und stellt uns drei Asischalen hin.

Ich beiße rein.

Und dann – ich schwör’s – passiert’s.

Diese Wurst.

Diese Soße.

Dieser Moment.

Es schmeckt.

Nicht exotisch.

Nicht spektakulär.

Einfach perfekt.

Wärme. Fett. Schärfe. Glück.

Genau wie’s sein soll.

Wir gucken uns an. Der Hape. Der Schorsch. Ich.

„Das ist sie“, sage ich.

„Unsere ultimative Currywurst“, sagt der Hape.

„Zu Hause“, sagt der Schorsch und grinst.

Und ich nicke wieder, diesmal aus vollem Herzen. Weil ich weiß: Manchmal muss man erst weit rumlaufen und viel Mist essen, um zu merken, dass die beste Wurst genau da brutzelt, wo man immer schon war.

Beim Schorsch. Im Imbiss ums Eck. Daheim...

ENDE

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