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geschrieben 2025 von lüdel.
Veröffentlicht: 21.08.2025. Rubrik: Spannung


Kutto Krimi Reihe 3

Zur Zentrale

Mit Hubert zur Zentrale. Sie stiegen in seinen alten, beigefarbenen Bentley – ein langgezogenes britisches Modell aus den 50ern, mit glänzenden Holzarmaturen und weichen Ledersitzen.

Kutto bemerkte stirnrunzelnd:
„Den hast du immer noch?“

Hubert schmunzelte:
„Von alten Sachen trennt man sich ungern.“

In der Zentrale der NCA – National Crime Agency – Cold Case Unit:

Ein kleiner Raum, vollgestellt mit Schreibtischen. Nur Huberts Platz war durch eine Seitenwand etwas abgeschirmt.

Kutto murmelte mürrisch:
„Du hättest besser ein eigenes Zimmer.“

Hubert entgegnete gelassen:
„Nö, ich brauch Menschen um mich herum.“

Kutto abwehrend:
„Ich brauche niemanden.“

Hubert blieb ruhig, aber bestimmt:
„Doch. Du brauchst uns – sonst kannst du den Fall nicht aufklären!“

Kutto sinnierte, kurz war es still. Dann murmelte er:
„Gut... Dann legen wir los.“

Er fuhr fort:
„Weißt du noch – den Chip, den die Sondereinheit damals einbehalten hat? Den brauchen wir!“

Hubert voller Vorfreude:
„Ha! Lass mich nur machen!“

Nach ein paar Telefonaten hielt er schließlich einen Schlüssel in der Hand, den ein Polizeibote gebracht hatte – grinsend schwenkte er ihn vor Kuttos Nase hin und her.

Kutto fixierte ihn sofort.

Red-Room – Sonderarchiv

Hubert sagte locker:
„So, jetzt ab ins Archiv.“

Neben ihnen stand ein Archivrollwagen mit einem Stapelkorb. Gemeinsam durchsuchten sie die Unterlagen. In Plastikbeuteln lagen die Beweisstücke:

– der Chip
– der Dartpfeil
– und obendrauf: die frisch eingetütete Mundharmonika.

Jetzt konnte es losgehen – zurück an Huberts Schreibtisch, wo bereits zwei riesige Tassen schwarzen Tees warteten. Kutto griff schweigend zur Tasse. Für einen Moment verharrte er stumm. Die Erinnerung an seinen Bruder ließ ihn kurz innehalten.

Mario und sein Fall

Mario, der Bruder von Kutto, war fünfzehn Jahre älter als er.

Die Eltern, beide Altertumsforscher, waren bei einer Expedition an einer seltsamen Krankheit gestorben. Seitdem war Mario seine wichtigste Bezugsperson.

Mario arbeitete bei der Geheimpolizei und gleichzeitig als Mittelsmann an der Börse – in Zusammenarbeit mit seinem Bruder und der ISE. Er kannte viele Strohmänner und Handlanger.

Irgendwann hatte er keine Lust mehr und arbeitete nur noch als Börsianer.

Sein bester Freund Persy, ein Buchmacher, den Mario schon lange kannte, geriet in Bedrängnis. Persy traf sich mit ihm in einem kleinen Revier-Club, weil er die schmutzigen Mafia-Geschäfte der „Glatzkopfmänner“ ausführen musste, die von Piton beauftragt wurden. Die Mafiamänner erpressten ihn mit seinen drei kleinen Kindern. Persy wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis auch er dran wäre.

Daraufhin informierte Persy Mario über die Machenschaften: Piton hatte ein verstecktes Lager mitten auf einem alten, verlassenen Industrieplatz, wo Drogen und gewaschenes Geld lagerten.

Persy musste alle Buchungen frisieren. In dem kleinen, unscheinbaren Revier-Club schob er Mario unbemerkt eine Münze mit einem Chip darin zu.

Mario steckte die Münze sofort in seinen Schuhabsatz.

Er kannte keine Angst und ließ sich nie erpressen, zumal er wusste, dass sein Bruder von der Elite-Sondereinheit hinter ihm stand.

Deshalb ersannen Piton und Professor Rupert einen Plan.

Sie kannten Marios Gewohnheiten und wussten, dass er gutmütig bei Straßenmusikanten immer Geld gab – das wollten sie jetzt für sich ausnutzen.

Spätabends, als Mario auf dem Nachhauseweg war, rief Persy ihn an und bat ihn, sich in einer versteckten Gasse zu treffen.

Am verabredeten Ort bemerkte Mario zunächst nur den am Boden sitzenden Mundharmonika-Spieler. Er hielt inne, hörte zu und wollte ihm Geld geben. In diesem Moment nutzte Piton die Gelegenheit: Er warf aus der Entfernung einen Spezial-Dartpfeil in die Seite von Marios Hals – Mario war sofort tot.

Ein Spaziergänger, der das Mundharmonika-Spiel gehört hatte, wurde später Zeuge.

Dank der Beweise auf dem Chip konnten die Ermittler das versteckte Lager ausheben – einen alten, stillgelegten Industriehafen außerhalb der Stadt namens Graymoor Harbour.

Piton schwor Rache an Kutto.

Damals wurden die Beweismittel einbehalten, und Kutto erfuhr erst später davon.

An jenem Tag, an den sich Kutto nur schemenhaft erinnern konnte, hatte Hubert alles so vorbereitet, dass Kutto nur seinen Bruder abgedeckt vorfand. Auf Kuttos Verlangen wurde das Gesicht seines Bruders kurz aufgedeckt.

Was danach geschah, war wie vernebelt. Kutto tauchte unter, niemand wusste, wo er war. Er schied nie offiziell aus. Nur einer konnte ahnen, wo Kutto sich aufhielt – Hubert. Doch der würde es niemals verraten.

Als Kutto nach Monaten wieder auftauchte, hatte er keinen Zugang mehr.

So fasste er den Entschluss, als Detektiv zu arbeiten.

Pitons Machenschaften

Persy, der arme Kerl, wurde drei Tage später auf einer verlassenen Baustelle entdeckt – aufgehängt an der Zacke einer Baggerschaufel. Jeder der Ermittler ahnte, dass Piton und seine Männer dahintersteckten, doch sie konnten es nicht beweisen.

Danach schickte Piton monatelang seine Schlägertrupps los, die gezielt Polizeiclubs angriffen. Mit ihren Spezial-Schlagtechniken wurden die Polizisten brutal zusammengeschlagen. Nur in seltenen Fällen kamen dabei Menschen ernsthaft zu Schaden – aber die Botschaft war klar.

Piton, der Abtrünnige, war unter den alten Mafiabossen längst abserviert. Keiner von ihnen wollte noch etwas mit ihm zu tun haben. Er selbst verzichtete auf Schusswaffen. Nur er und seine engsten Männer trugen speziell angefertigte Dartpfeile, die nur auf direkte Anweisung eingesetzt wurden.

Unauffällig trat Piton in gewohnter Mafiamanier auf – stets modisch gekleidet, in teuren Anzügen, getarnt als der größte Geschäftsmann.

Rupert – der Drogenprofessor, wie ihn die Mafiabosse nannten – war damals gerne gesehen. In dubiosen Unterschlupfen, getarnt als Übergangsheime, untersuchte er gezielt Jugendliche ab sechzehn, die kaum Chancen hatten. Geschundene Seelen, die dankbar waren, wenigstens keine weiteren Übergriffe mehr erleiden zu müssen.

Er war ihr Mentor. In seinem versteckten unterirdischen Tunnelsystem ließ Rupert sie scheinbar frei entscheiden. Doch sie mussten ihm einen Kodex schwören: Falls er sie jemals brauchen würde, schuldeten sie ihm einen Gefallen. Über Jahre experimentierte er mit seiner speziellen Injektionsformel, die sie willenlos und gefügig machte. Langsam starb bei den Anhängern auch der Haarwuchs ab – so entstand die Glatzkopfmafia.

In ihrer Mitte: Piton. Damals ein 9- bis 10-jähriger Junge ohne Identität, ohne Erinnerung, aber von kräftigem Körperbau. Sein rechtes Auge hatte er bei einem Seeunglück verloren – an das er sich jedoch nicht mehr erinnern konnte.

Rupert war besessen davon, das größte Mafia-Imperium der Welt aufzubauen. Zwar war er Mentor für Piton, doch im Grunde war er ihm untergeben.

Jahrelang formte Rupert ihn nach seinen Vorstellungen.

Niemand wusste, wer Rupert wirklich war. Niemand kannte seinen wahren Namen. Doch durch Piton war er nun der wahre Drahtzieher im Hintergrund geworden – sein Werkzeug: der Mafiaboss Piton.

Rupert erschuf immer neue Drogen – kleine, unauffällige Pillen mit verschiedenen Geschmacksrichtungen. Sie machten nicht auf herkömmliche Weise süchtig, sondern weckten einfach nur Lust auf mehr, ohne dass es jemand sofort bemerkte. So beeinflussten sie die Konsumenten langsam körperlich und geistig.

Gerade in hohen Kreisen – bei Politikern und im Sportbereich – wurden diese unscheinbaren Pillen schnell beliebt.

Durch seine manipulierten Anhängern arrangierte Rupert die Geschäfte geschickt. Niemand ahnte, wer wirklich hinter allem steckte.

Erst Jahre später traten die Folgen zutage: Unerklärliche Krankheiten, plötzliche Herzinfarkte, einige wurden sogar geisteskrank. Doch damals war es schwer, den Zusammenhang nachzuweisen.

Im Zentralrevier über den Unterlagen

Hubert ließ an seinen Schreibtisch einen weiteren Tisch heranschieben und winkte zwei ältere Kollegen herbei. Gemeinsam begannen sie zu viert, die Akten durchzugehen.

Stunden später saßen nur noch Kutto und Hubert über den Unterlagen. Kutto war inzwischen so nah an die Papiere herangebückt, dass Hubert schmunzelnd den Kopf schüttelte und ihn ermahnte:
„Wenn du so nah dran bist, brauchst du bald noch eine Brille!“

Kutto zog wortlos eine Brille an einer feinen Umhängekette aus seiner Hosentasche und setzte sie auf. Hubert schwieg zunächst – er kannte Kuttos Eitelkeit nur zu gut. Doch lange hielt er sich nicht zurück:
„Eine Brille? Die steht dir aber gut.“
Kutto schob sie mit dem Finger auf der Nase zurecht:
„Die ist nur zum Lesen. Damit ich die Buchstaben besser sehen kann.“

Er vertiefte sich erneut in die Akten. Nach einer Weile schaute er sich die Beweisgegenstände noch einmal an und griff hinüber.

Hubert neckte ihn:
„Du siehst aus wie eine Klapperschlange vor dem Angriff.“

Kutto drehte den Dartpfeil vor sich hin und entdeckte eine winzige Gravur. Sofort ließ er sie im Labor untersuchen: Ein „P“. Pitons Dartpfeil.

Damit erwies sich die Mundharmonika nun endgültig als das perfekte Lockmittel, mit dem sein Bruder hereingelegt worden war. Damals, vor Jahren, fehlten den Ermittlern noch die heutigen technischen Möglichkeiten. Erst jetzt kamen diese kleinen Details ans Licht.

In den Akten fanden sie auch die dokumentierten Bilder vom alten, stillgelegten Industriehafen Graymoor Harbour. Jahrelang unbenutzt – mitten darin eine große Lagerhalle, durch angrenzende Lagereinheiten gut versteckt. Dort, wo die alten Werftanlagen ins Niemandsland übergingen.

Bilder von riesengroßen Füllfässern und dem breiten, verrosteten Tor mit der Kennzeichnung Block 17. Seltsamerweise fanden sich keinerlei Spuren – keine Fuß- oder Handabdrücke, nicht einmal Reifenspuren auf dem engen Kiesgelände davor.

Gegen Ende blieben nur noch drei rote Pappmappen übrig. Kutto war längst übermüdet, während Hubert sich die Beine vertrat.

In einem Zeitungsartikel stieß Kutto auf ein altes Bild: Flüchtlingskinder, in Decken gehüllt, sitzend in einem Rettungsboot. Damals war Kutto mit seinem Bruder bei den Ermittlungen dabei gewesen. Der Fall war später ergebnislos versandet.

Auf dem Foto fiel Kutto ein Junge besonders auf: ungewöhnlich muskulös, mit einem Verband über der rechten Gesichtshälfte. Ein Gefühl beschlich ihn – irgendetwas kam ihm bekannt vor. Danach steckte er den zusammengefalteten Zeitungsausschnitt in sein Ledertäschchen.

Hubert kehrte mit zwei Tassen Mokka zurück, setzte sich wieder zu ihm – gemeinsam arbeiteten sie sich durch die restlichen Akten.

Im Waggon von Kutto

Die beiden Jungen warteten erwartungsvoll im Waggon.

Kutto und Hubert wirkten noch etwas ermüdet – sie hatten die Nacht über in den Revierbetten bei der Zentrale verbracht. Kutto ging voran und betrat den Waggon, Hubert folgte ihm.

Hubert sagte trocken:
„Keine Spur von Piton.“

Kutto ballte ärgerlich die Fäuste in seinen Hosentaschen und knirschte mit den Zähnen:
„Piton darf nicht entkommen!“

Pit und Jo setzten sich auf die Bank. Hubert stand seitlich neben ihnen – mit seiner breiten, kräftigen Gestalt, den dunklen, kurzen Haaren, dem rundlichen Gesicht und dem verschmitzten Ausdruck auf den Lippen. Er war bestimmt eineinhalb Köpfe größer als Kutto und trug ein modisches Jackett, das bis zum Po reichte.

Pit, sichtlich angespannt, fragte:
„Was ist Piton eigentlich für ein Typ?“

Kutto antwortete sofort:
„Piton ist schon als Mafiaboss geboren!“

Hubert nickte zustimmend.

Kutto, inzwischen auf der Bank gegenüber, holte eine selbst zusammengestellte Aktenmappe hervor – darin alte, verblasste Zeitungsausschnitte.

Piton als Bodybuilder-Kind, neun bis zehn Jahre alt, mit Glasauge auf der rechten Seite – in Zusammenhang mit einem Doping-Skandal im Jugendbereich. Wie so oft konnte nichts nachgewiesen werden. Nur der Name Piton tauchte auf. Nichts Handfestes, nur Gerüchte, die von der Presse aufgebauscht wurden. Und dann verschwand er spurlos.

Auf einem anderen Zeitungsabschnitt wurde ein Jugendlicher als jüngster Mafia-Boss bekannt – Piton. Ihm konnte jedoch nichts nachgewiesen werden, denn seine Männer, allesamt ebenfalls Jugendliche, nahmen die Schuld auf sich.

Pit fragte:
„Wie kann das sein?“

Kutto erklärte:
„Alle mit Glatze sehen ähnlich aus. Für Zeugen sehen alle gleich aus. Der sagt: ‚Der war’s.‘ Der Verdächtige schweigt – wenn überhaupt sagt er nur: ‚Ich war es.‘ Da sind einem die Hände gebunden!“

Kutto nahm aus seiner Hosentasche ein Bild aus seinem Ledermäppchen und legte es wortlos daneben.

Sofort fiel allen im Raum die Ähnlichkeit auf.

Pit entdeckte eine schlanke Gestalt ganz im Hintergrund, halb abgeschnitten auf dem ersten Bild – doch dieser moorfarbige Kittel! Auf dem anderen Foto war er besser zu erkennen, das modisch vermummte Gesicht – wieder dieser moorfarbige Kittel. Das war doch dieser verrückte Professor.

Pit hatte ihn sofort erkannt – es war der Mann, den sie damals bei der Rettung ihrer Oma gesehen hatten.

Da wurde Kutto einiges klar.

Piton war mit den neuesten Pillen im Rauschgifthandel unterwegs – mit Hilfe des verrückten Professors. Dieser Professor hatte Piton groß gemacht, er war der wahre Drahtzieher hinter allem!

Dann pinnte Kutto die Artikel an die Wand.

„Wenn ich Piton erwische“, sagte er, „lege ich von meinem Bruder eine seiner Zigarren auf seinen Bilderrahmen.“ Dabei blickte er zum Tisch, auf dem einige Zigarrenschachteln lagen, und klopfte mit seiner Pfeife darauf.


Nach dem Vorfall mit Piton zogen sich Kutto und Hund Hektor in die Jagdhütte seines Bruders Mario zurück – auf die sogenannte Bäreninsel, wie Hubert sie nannte. Man konnte sie nur mit dem Hubschrauber erreichen. Von oben sah sie aus wie ein Bärenkopf.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von lüdel am 21.08.2025:

Danke für das Herz, Rautus! 💛
Wie findest du Kutto bisher? Ich habe mich dazu entschieden, alle Reihen zu bringen – mal sehen, wie sie euch gefallen weden?

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