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4xhab ich gern gelesen
geschrieben 1988 von Rautus Norvegicus (Rautus Norvegicus).
Veröffentlicht: 30.06.2025. Rubrik: Menschliches


Der Traum

Karl Weiß hatte eigentlich alles erreicht, was es für ihn in seinem Leben zu erreichen gab. Im Ersten Weltkrieg hatte er zusammen mit dem berühmten General von Hohenstein Schulter an Schulter im Schützengraben gekämpft, war später lebensgefährlich verletzt worden und hatte für seine Tapferkeit den Pour-le-Mérite Orden am Goldenen Schulterband verliehen bekommen. Als der Erste Weltkrieg zu Ende war, hatte er in Hamburg bei seinem Vater auf einer Schiffswerft gearbeitet.

Allerdings dauerte das ruhige Leben mit seinem alten Herrn nicht sehr lang, der verstarb im Alter von 78 Jahren. Dann brach der Zweite Weltkrieg aus und man schickte ihn an die Ostfront. Nachdem er auch dort wegen Tapferkeit vor dem Feind positiv aufgefallen war und eine breite Reihe von Orden seine Brust schmückte, wurde er durch einen Kopfschuss so schwer verletzt, dass er kurz vor Ende des Krieges aus der Wehrmacht entlassen wurde. Der Krieg ging ja auch dann verloren, was Karl nur auf seine Entlassung zurückführte.

Zurück in der Heimat widmete er sich dann mit aller Kraft und Energie seinem neuen Beruf. Er hatte seiner Verletzung wegen , die er im Zweiten Weltkrieg erlitten hatte, zum Bäcker umschulen müssen.

Doch noch immer verfolgte ihn ein Traum, ein Traum, der schon in seiner Kindheit geboren worden war. Selbst in der Eiseskälte in den Schützengräben Ost-Sibiriens hatte er ihn geträumt, obwohl die Küste und das Meer Tausende Kilometer weit entfernt waren. Er hatte nämlich schon immer von einem eigenen Schiff geträumt. Schneeweiß und 25 Meter lang sollte es sein. Nun war es schon bald 96 Jahre alt und hatte in letzter Zeit emsig gespart.

Denn unten im Hafen lag ein wundervolles Boot, das er unbedingt haben musste! Er nahm sein erspartes Geld und ging zu dem Geschäft. Als er dem Händler das Boot in bar bezahlen konnte, wölbte sich vor Stolz seine Brust.

Der nette Verkäufer versprach, das Boot bis zum nächsten Morgen zum Hafen zu schaffen und seeklar zu machen, so dass Karl nur einsteigen brauchte und dann sofort in See stechen könne. Nachdem er am Morgen ausgiebig gefrühstückt hatte, ging Karl zum Hafen hinunter. Und dort lag es, zwischen 2 schneeweißen, je 25 Meter langen Segeljachten. Sein neues, knallrotes Gummiboot.

Ende

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Babuschka am 30.06.2025:
Kommentar gern gelesen.
Oh schade, ich hätte ihm die schneeweiße, 25m lange Segeljacht vergönnt. Aber dann wäre es keine rechte Rautus-Wendung am Schluss geworden.
Erneut gern gelesen. LG Babuschka




geschrieben von Rautus Norvegicus am 30.06.2025:

Liebe Babuschka.

du hast mich mittlerweile durchschaut 😄

Liebe Grüße
🙂
Rautus

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