Veröffentlicht: 12.12.2025. Rubrik: Aktionen
***Aktion Dezember*** Artur, schon wieder pleite?
Artur, schon wieder pleite?, eine Geschichte mit weihnachtlicher Stimmung
Nach vielen Jahren treffen sich zwei ehemalige Schulfreunde zufällig auf dem Parkplatz des Berliner Zoos.
Während Jonas Wittmann seinen nagelneuen Mercedes automatisch einparkt, müht sich Artur Eckert neben ihm mit seinem alten Opel Ascona ohne Servolenkung ab.
„Bist du das, Artur? Ich kann es nicht fassen… nach so vielen Jahren. Wie geht’s, alter Hase!”, grüsst Jonas seinen ehemaligen Klassenkameraden und geht entschlossenen Schrittes auf ihn zu.
Sie umarmen sich lange, während die jeweiligen Frauen sowie zwei Kinder sich mit gebührender Distanz nicken.
„Ich habe neulich mitbekommen, dass du so eine IT-Firma hast, die ganz gut läuft… oder lief?”, sagt Jonas in gewohnt unbefangener Manier. Das ging schon damals im Gymnasium allen auf den Keks. Viele deuteten seine Worte als arrogant und abfällig, aber das war halt so seine Art.
Mit einem müden Lächeln zuckt Artur mit den Schultern.
„Geht so, wir kommen über die Runden“, antwortet er. Man merkt ihm an, dass es ihm peinlich ist, in so einer Schrottlaube zu fahren.
Nach weiterem kurzem Small-Talk und dem Austausch von Telefonnummern verabschiedet man sich wieder. Dabei wissen beide, dass sie sich kaum melden würden.
„Weisst du, Schatz, der Artur war schon damals so. Ein richtig genialer Typ, aber er versenkte immer wieder sein Geld in modernste Gadgets, die dann nichts brachten… ‚Artur, schon wieder pleite?‘, sagten wir dann, wenn wir ihm ein Sandwich zum Mittagessen spendierten. Eine Zeit lang ass er nur nen Apfel und ne Rübe und trank höchstens Wasser aus dem Hahn das eigentlich für die Bewässerung gedacht war…“
Die Kinder lachten mit und konnten sich das bei Leibe nicht vorstellen…
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Es vergingen wieder zwei bis drei Jahre, und wie der Zufall es so will, trifft man sich diesmal am Flughafen.
„Na, wenn das nicht der kleine Artur ist! Hab nichts von dir gehört seit dem letzten Mal. Wollte dir neulich zu Neujahr schreiben. Mein Schatz und ich haben eine grossartige Fete für Geschäftspartner und Freunde organisiert…“, log er, schliesslich hatte er sich erst jetzt wieder an ihn erinnert. Gleichwohl umarmt er ihn, als wären sie beste Freunde.
„Ja, das wäre sicherlich toll gewesen”, log auch Artur. In feiner Gesellschaft, in der Jonas sich bestimmt trieb, fand er sich nie wirklich wohl. „Wo fliegst du hin? Ich muss gezwungenermassen nach Dubai…“, ergänzte er und hoffte, sein Gegenüber würde ihm endlich den Arm von der Schulter nehmen.
„Dubai? Ich verrecke! Alter, ich auch! Wir fliegen erst in zweieinhalb Stunden. Lass uns doch einen Espresso in der Business-Lounge trinken, der ist gratis. Oder nen Schampus. Du trinkst doch Alkohol, oder?“, fragt er wieder einmal fast ohne Punkt und Komma.
„Eigentlich bin ich schon spät dran. Glaub, du fliegst mit einer anderen Gesellschaft…“, entgegnet Artur und hätte am liebsten seine „Billigflieger-Tickets“ verschwinden lassen, die aus seiner altgedienten Jackentasche ragten.
„Ach so… Gut, dann weisst du was? Wir treffen uns dann dort zu einem Cocktail. Wer weiss, vielleicht sind unsere Hotels nicht so weit entfernt…“, meint Jonas mit hochgezogener Augenbraue. Instinktiv ging ihm derweil durch den Kopf: „Artur, schon wieder pleite?”
Sie haben sich jedenfalls nicht getroffen...
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Keine drei Monate später, kurz vor Weihnachten, kreuzten sich ihre Wege erneut. Diesmal bei einer Benefizgala, im Berliner Konzerthaus.
Erneut begrüsst man sich überschwänglich, doch dieses Mal hatte Jonas Angst, zu fragen, ob er auch Tickets nahe der ersten Reihe hat. Aufgrund seiner Kleidung vermutet er, dass sein ehemaliger Schulkamerad eher für die IT oder Ähnliches bei dieser Veranstaltung zuständig ist.
„Treffen wir uns doch beim Schlussapéro. Ok, Kumpel?”, verabschiedet sich Jonas.
Und diesmal treffen sie sich tatsächlich zu einem Getränk. Der eine mit einem Glas Champagner, der andere mit einem Glas Wasser.
„Du bist mir einer! Schau her, Herr Artur Eckert! Und ich dachte neulich, du wärst fast pleite. Dabei bist du hier Ehrengast! Der mit der höchsten Spende? Ich kann es kaum fassen. Bist du etwa auf nen Ölfeld gestossen?“, fragt er und diesmal waren seine Emotionen tatsächlich nicht gespielt.
„Nein, Jonas…“, sagt Artur ruhig und holte tief Luft. „Ich war noch nie wirklich pleite. Doch ich habe schon immer lieber mein Geld in Projekte gesteckt. Und ich hatte wohl stets ein gutes Händchen. So konnte ich vielen Mitmenschen immer wieder etwas zurückgeben, vor allem zu Weihnachtszeit. Das bereitet mir mehr Freude als so ein 'Laborgini' oder wie diese Dinger heissen…«
Sein Gegenüber ringt ein wenig mit den Worten.
„Ja, ich verstehe… Sehr nobel von dir. Es ist heute schwer, sich von den ganzen Luxusreizen zu trennen… für die meisten jedenfalls. Lass uns noch etwas trinken. Ich brauche nochmals einen Schampus. Was trinkst du da? Wodka?“
Artur nickte kurz. Sein Gegenüber würde es ohnehin nicht verstehen, dass ihm Wasser ausreicht, dass es ihm sogar am besten schmeckt…
ENDE
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