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geschrieben von DER WORTKOTZER.
Veröffentlicht: 06.06.2021. Rubrik: Märchenhaftes


DIE RIESEN VON PUSILLUS: Die BELEIDIGUNG

Pugnatoris war trotz seines Namens von eher sanfter Natur, was niemand auf Pusillus so recht verstehen konnte, da er damit völlig aus der Art schlug was seine Vorfahren betraf, allesamt richtige Raufbolde. Pugnatoris hatte sich bereits als Jugendlicher den Geistes-wissenschaften verschrieben und wollte nun seine Kenntnisse, soweit möglich, auf der Erde vertiefen, auch wenn ihm nur knapp eine Woche Zeit dafür blieb.

In einer Kleinstadt, idyllisch auf dem Land gelegen, schrieb er sich in der ansässigen Uni ein. Neugierig studierte er dort die vielfältigen Angebote an den schwarzen Brettern. Größtenteils Dinge von denen Pugnatoris noch nie zuvor etwas gehört hatte. Aber was sollte es, schließlich war es gerade mal sein erster Tag auf diesem fremden Planeten fernab von Pusillus. Dann fand er was er gesucht hatte und bezog kurze Zeit später ein hübsches kleines Zimmer im nahegelegenen Studentenwohnheim. Wenn er nicht gerade in einem der vielen Hörsäle saß und andächtig den Vorlesungen der Professoren lauschte, oder in den Pausen im wunderschön angelegten Stadtpark seinen Proviant aß, während er dem Gezwitscher der Vögel lauschte, verbrachte er die meiste Zeit in der Bibliothek, ein wahres Füllhorn an unglaublich interessanten literarischen Werken.

Eines Tages erregte ein Aushang seine Aufmerksamkeit. Eine Gruppe Wissenschaftler hatten mehrere Monate in den Bergen des Landes verbracht, wo sie auf sensationelle Höhlenmalereien gestoßen waren, worüber sie am gleichen Abend in der Aula der Uni einen Diavortrag halten wollten. Thema: „Stammen wir vielleicht alle von Riesen ab?“
Pugnatoris wusste alles über das erste Aufeinandertreffen von Erdlingen und Menschen. Eine uralte Geschichte, frei zugänglich für jedermann in den Archiven Pusillus' nachzulesen und war natürlich sehr gespannt darauf, zu welchen Erkenntnissen die Wissenschaftler der Gegenwart wohl gekommen seien.

Die Aula war allerdings nur sehr mäßig gefüllt. Wie Pugnatoris im Vorfeld so gehört hatte, wollten die meisten der Studenten lieber ein Footballspiel im Fernsehen sehen als sich noch eine weitere an den Haaren herbeigezogene Geschichte über die Abstammung der Menschheit anzuhören. Pugnatoris lächelte. Am Ende des Vortrags waren sich alle Redner einig gewesen, dass am Beginn unserer Zeit die Menschen mit den Riesen in friedlicher Koexistenz zusammengelebt hatten, dann aber auf unerklärliche Weise, höchstwahr-scheinlich durch ein tödliches Virus, schließlich ausgestorben sind. In einem Punkt aber hatten die Wissenschaftler recht. Die fast unversehrte steinerne Büste die sie gefunden hatten, und die man schon jetzt in einem Museum der Landeshauptstadt bewundern konnte, stellte wirklich den damaligen Anführer der Riesen dar. Pugnatoris wusste auch seinen Namen. Es handelte sich um Maximus den Ersten. Nach dem Vortrag traf man sich noch auf einen Umtrunk in der Mensa. Am Ende waren nur noch eine Handvoll Studenten übrig, die sich in der angrenzenden Küche einen Kaffee machten und sowohl den Getränke- als auch den Süßigkeitenautomaten plünderten.

„Ich glaube nicht, dass diese degenerierten Riesen durch ein Virus ausgestorben sind. Ich glaube vielmehr, dass sie die Menschen wie Sklaven gehalten haben, die sich das nicht länger gefallen ließen und diesen Halbaffen mit ihren eigen Händen den wohlverdienten Garaus beschert haben“, tönte da ihr Rädelsführer.

Beifälliges Gegröle war die Antwort.

„Wer sagt dir eigentlich, dass diese Riesen degeneriert und Sklavenhalter waren“, erwiderte Pugnatoris ruhig, wie es seine Art war. „Und wie Halbaffen sahen sie mir auch nicht aus. Dieses Privileg würde ich doch dann schon eher dir zuschreiben.“

Alle glotzen Pugnatoris mit großen Augen an, bis einer „Auf ihn!“ schrie und eine wilde Schlägerei entbrannte. Kurz darauf lagen die Erdlinge k.o. am Boden. Außer ein paar Gehirnerschütterungen, Nasen- und Rippenbrüchen ging es allen soweit gut. Aber nicht nur ihnen konnte man die Blessuren der handfesten Auseinandersetzung ansehen. Auch die Küche hatte so einiges abbekommen.

Noch in derselben Nacht verließ Pugnatoris die Stadt und verbrachte seinen letzten Reisetag in einem fernab gelegenen Erdteil, an einem wunderschönen Strand, mit einem wohlschmeckenden Cocktail in der Hand und einer bildhübschen jungen Frau im Arm.

Am nächsten Morgen kam er wieder wohlbehalten auf Pusillus an. Kaum zu Hause, bestürmten ihn seine Eltern nur so mit ihren Fragen. Alles, aber auch alles wollten sie wissen. Und so erzählte ihnen Pugnatoris von seiner Hinreise, dem weiten Land, der bezaubernden Kleinstadt, ihrer Uni mit der atemberaubenden Bibliothek, dem Studenten-wohnheim und dem wunderschönen Park.

„Und wie waren die Erdlinge? Waren sie nett?“

„Aber natürlich, schließlich waren es allesamt zivilisierte und gebildete Leute“, antwortete Pugnatoris in der Hoffnung, seine Notlüge bliebe seinen Eltern verborgen.

Da Maximus jegliche Auseinandersetzung mit den Erdlingen strengstens untersagt hatte, behielt Pugnatoris den kleinen unbedeutenden Zwischenfall lieber für sich.


BECU


DIE RIESEN VON PUSILLUS beruhen auf einer Fotogeschichtenschreibgruppe. Leider wird das Foto nicht angezeigt:
Eine demolierte Kücheneinrichtung.

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