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7xhab ich gern gelesen
geschrieben 2022 von Dirk Hoffmann.
Veröffentlicht: 16.08.2022. Rubrik: Fantastisches


Alles Gute, Herr Baron!

Baron Ottokar grinste so breit, dass sein Hinterkopf schon Falten warf. Was für ein herrlicher Morgen! Und so sollte es ja schließlich auch sein, denn heute war sein Geburtstag. Um sein Schöpfungsjubiläum amtlich einzuläuten. war das Frühstück heute noch etwas opulenter ausgefallen, als es das sonst schon immer tat. Die Diener hatten neben der Tafel, die ohnehin schon den halben Raum einnahm, auch noch einen Beistelltisch... naja, beistellen müssen, um alle gebotenen Köstlichkeiten unterbringen zu können. Aber hatte er das nicht auch verdient? Tag ein, Tag aus regierte er nun schon im fünften Sommer mit Weisheit und Geschick. Jawohl, seine Untertanen konnten sich wirklich glücklich schätzen von ihm beherrscht zu werden und das taten sie ja auch, wenn er das dumme Pack in losen Abständen nur immer wieder daran erinnerte. Das machte ihm nichts aus, er tat es sogar gern. Hier mal mal die Steuern verdoppeln, da mal ein paar nutzlose Bauerntrampel aufknüpfen, oder gelegentlich einige hundert Erstgeborene in einen sinnlosen Krieg schicken und schon waren alle wieder glücklich!

Ottokar war zum regieren geboren und er regierte, dass die Schwarte nur so krachte. Gesetze erheben, Steuern kassieren und den Laden am laufen halten. Erst letzten Monat hatte er zum Beispiel die Hexenverfolgung wieder eingeführt. Einfach so zum Spaß! Obwohl, die alten Schachteln vom magischen Ting waren ihm schon lange auf die Nerven gegangen mit ihrer Besserwisserei und ihren Zaubertricks. Davon ließ sich vielleicht das dumme Volk beeindruckten, aber doch nicht er! Gut, anfangs hatten seine Soldaten sich noch etwas geziert, aber nach einigen höchst motivierenden Exempeln war die Hexenjagd so richtig schön in Schwung gekommen. Hütten wurden abgefackelt, Scheiterhaufen erleuchteten romantisch die Nächte und die Henkersbeile mussten sehr oft nachgeschärft werden. Es hatte dem Baron einfach gereicht mit den nervigen Weibern, denn ständig sorgten sie für Ärger. Erst kurz zuvor hatten sie behauptet eine neue Seuche ginge um und man solle sich ein Tuch vor Mund und Nase binden, um eine Ansteckung zu vermeiden. Diesen Humbug dachten sie sich doch nur aus, um ihn beim herrschen zu stören! Tja, die Folgen waren für die Hexen entsprechend unerfreulich und Ottokar konnte heute einen wohltuend ruhigen Ehrentag ganz ohne ungebetene Ratschläge und Panikmache genießen.

Noch während der Herr Baron die letzten Bissen seines ersten Brötchens herunterschlang und nebenher rhythmisch mit einem goldenen Löffelchen auf einem gekochten Ei herumtrommelte, nahm er den Stapel von Geschenken ins Visier, den sein Kammerdiener bereits in der Nacht aufgeschichtet hatte.
Ganz besonders stach ihm dabei ein in schwarzer Seide eingeschlagenes Paket in die Augen, auf dem ein großes rotes Herz prangte und das ganz oben auf dem Stapel lag. Sicher eine heimliche Verehrerin! Ottokar lehnte seinen schwammigen Wanst gewagt zur Seite, um gierig nach dem Geschenk zu greifen und es vor sich auf den Tisch zu stellen.
Voller Vorfreude rupfte er die dunkle Seide von einer marmeladenroten Schachtel, in die gut und gerne seine Krone gepasst hätte. Gespannt beugte er sich vor und lupfte erwartungsvoll den Deckel.

Ottokar kniff die Augen zusammen, denn im ersten Moment schien die Schachtel nichts außer einer tiefen Dunkelheit zu enthalten. Im zweiten Moment änderte sich an diesem Eindruck rein gar nichts. In der Schachtel lag eine Finsternis, die nicht durch die Abwesenheit von Licht entstand, sondern vielmehr eine, die aus der völlig realen Anwesenheit ihrer selbst resultierte. Als er gerade im Begriff war ratlos aufzublicken, fiel Ottokar die Nachricht auf, die jemand mit filigraner Handschrift und schwarzer Tinte (womit auch sonst) in den Deckel geschrieben hatte.

Verehrter Herr Baron,
wir wünschen Euch von ganzem Herzen alles Gute zum Geburtstag!
Möget ihr noch für den Rest eures Lebens dieses Land regieren.
Alles Liebe,
der Flamin`Brooms B.C.
P.S.
Wusstet Ihr, dass ein menschenfressender Schattenspuk, wenn man ihn nur
lange genug hungern lässt, in solch eine kleine Schachtel passt? Wir schon...

Ottokar war irritiert ,oder, besser ausgedrückt, sein Despoten-Hirn wollte gerade damit beginnen Irritation zu empfinden, da richtete sich die Schwärze aus der Schachtel blitzschnell auf, sah drohend auf den Baron herab und hob zwei Arme aus ewiger Nacht. Die Schattengestalt schrie ihm ein zorniges Brüllen entgegen und überragte den Baron dabei schon so weit, dass er noch einen kurzen Blick in ein lichtloses Maul voller Zähne aus schierer Finsternis erhaschen konnte...

Als nach einiger Zeit ein Diener das Frühstück abräumen wollte, fand er es nahezu unangetastet vor. Zwar lag noch das zerdötschte Ei neben dem umgekippten Stuhl des Barons, die rote Schachtel aber war genauso verschwunden wie Ottokar selbst.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Nordlicht am 17.08.2022:
Kommentar gern gelesen.
Bitterböse mit zufriedenstellendem Ende




geschrieben von Christelle am 18.08.2022:
Kommentar gern gelesen.
Spannend geschrieben! Klingt satirisch bis auf den Schluss: Es geschieht ihm recht, dem Ottokar.




geschrieben von Gari Helwer am 19.08.2022:
Kommentar gern gelesen.
Schöne Geschichte! Wüsste einen Herrscher, dem ich ein solches Schächtelchen gern zusenden würde... ;-) LG




geschrieben von StefanZivny am 26.08.2022:
Kommentar gern gelesen.
Spannend! Ist ein echtes Lesevergnügen, was dem Ottokar da widerfährt.

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