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geschrieben 2023 von Stephan Heider (Stephan Heider).
Veröffentlicht: 20.07.2023. Rubrik: Unsortiert


Konferenz der Tiere

Der gigantische Hahn, der dem Ethikrat vorsaß, riss dem knusprig gebratenen halben Mann ein Bein aus und sog mit seinem Schnabel gierig das Fleisch, inklusive Haut vom Knochen. Menisken und Kreuzbänder spuckte er achtlos auf den Teller, auf dem auch die blanken Knochen und Gelenke landeten. Die unappetitlichen Füße und der Kopf (von Julius Berndts, Ehemann und Familienvater) waren vom Caterer bereits abgetrennt und den anderen Zuchtkindern zugeführt worden, die nicht gleich nach ihrer Geburt ihren Müttern entrissen und geschreddert wurden, um anschließend in ihr Futter gemischt und danach per Edelstahlrohr in ihre Kehlen zu wandern.
"Ne halve Mann" prustete der fette Vogel und spuckte dabei kleine Menschenfetzen ins gelangweilte Publikum. "Ne halve Mann iss ja bey üsch hä in Kölle en Brötsche met Käs vunne Mamm."
"Aber darum sind wir nicht hier heute Abend." Sein praller roter Kamm schwoll wutgetrieben an und seinen Zuhörern fuhr die Angst ins Gemüt.
Menschliche Milchfrauen wurden im Übrigen permanent künstlich besamt, wie auch sonst sollte der übermäßige Durst nach Milch und der Hunger auf Käse in Frischhaltefolie für z.B. "ne halve Mann" gestillt werden.

Es gab einfach mittlerweile viel zu viele Tiere auf der Welt, die sich von Menschen ernährten. Und genau deswegen waren alle Botschafter heute hier. Der Hahn wollte ein Machtwort sprechen.
Der Wal warf einen flüchtigen Blick auf die Rolex an seiner rechten Flosse, als ihn der Zorn des Hahns traf.
"Was glotzt du auf die Uhr, Fettwanst", keifte der Vorsitzende schrill. "Du kleinäugige, langmäulige blaue nutzlose fette Kreatur, nichts trägst du bei, fängst aber haufenweise Menschen, nur um ihren Lebertran zu gewinnen und den toten Rest achtlos ins Meer zu werfen".

"Und du Nashorn? Frisst seine Fingernägel, um potent zu sein? Auch du lässt den Rest im Busch liegen.

Genau wie du, Elefant. Machst dir Schmuck aus seinen Zähnen, obwohl es längst verboten ist. Shame on you."
Der skrupellose Hahn, der noch vor kurzem mit seiner Vogelarmee die sturen Reptilien zugebombt und im wahrsten Sinne des Wortes in Scheisse begraben hatte, fuhr fort.
"Aber eines hier, meine lieben Freunde, setzt dem Fass den Deckel auf."
Ein nervöses Raunen ging durch die Menge tierischer Botschafter, deren Völker alle den Menschen ausnutzen.
"Was ihr Schweine und Rinder macht" wütete der Hahn, "das hat schon mafiose Strukturen. "Ihr haltet die Menschen massenhaft auf zu kleinen Luftmatratzen, die nur halb aufgepumpt sind. Sie furzen unkontrolliert Treibhausgase in die Atmosphäre, weil ihr sie mit Bier ruhigstellt. Dann fresst ihr nur ihre Filets und lasst die Innereien, Sehnen und den Knorpel im großen Stil zu Brät hacken, den ihr teuer an die Waldbewohner verscherbelt.
Wenn wir unsere Nahrungsquelle nicht mit Nachhaltigkeit und Menschlichkeit behandeln, dann wird das unser Garaus."

Der Hahn knabberte am Schulterblatt des halben Mannes und bemerkte es nicht einmal.
"Wortmeldungen?", keifte er ins Publikum. Alle Tiere schwiegen.
Eine Sekunde später schoss ein Kamikaze-Sperber, dessen Größe den Hahn weit übertraf, in seinen Körper und ließ ihn explodieren.

Die Versammlung löste sich unter leisem Stimmengemurmel ganz langsam auf.
Die Vögel hatten gegen ihren tyrannischen Führer aufbegehrt und den Sperber engagiert.
20 glänzende Taler hatte er bekommen. Etwas, was seine Familie absichern würde. Komische Taler, denen die friedliebenden Menschen huldigten und die die Tiere gerade für sich entdeckten.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von ehemaliges Mitglied am 20.07.2023:
Kommentar gern gelesen.
Sehr gut!




geschrieben von Sandra Z. am 20.07.2023:
Kommentar gern gelesen.
Herrlich! Genau mein "Humor" *lol*




geschrieben von Stephan Heider am 20.07.2023:

Vielen lieben Dank, Sandra und Jürgen




geschrieben von Gari Helwer am 26.07.2023:
Kommentar gern gelesen.
Wunderbar, Stephan! Der knusprig gebratene und ausgerissene Männerschenkel und die ausgespuckten Menisken und Kreuzbänder... Der Vergleich hält uns den Spiegel vor! :-(





geschrieben von Stephan Heider am 26.07.2023:

Dankeschön Gari
Die Dinge mal im Kopf umzukehren kann den persönlichen Kompass ab und an mal wieder einnorden. Dennoch bleibt der Mensch das grausamste Tier.

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