Veröffentlicht: 19.07.2025. Rubrik: Total Verrücktes
Eine afrikanische Fabelgeschichte - Teil 6
Die Wolfsmilchhyäne wollte es einfach nicht wahrhaben, wieso ihr einziger Nachwuchs, das aus dem Ei geschlüpfte Mwana fisi (= Hyänenkind), so vergammelt aussah. Sie beobachtete das etwas schwache Mwana. Um ihr Kleines aufzumuntern, um ein Leuchten in seine Augen zu zaubern, raunte sie ihm ein Kinderlied nach dem anderen in Lachlauten zu.
Ohne groß nachzudenken fing sie an es zu pflegen. Für das Futter sorgte sie, indem sie einen Kothaufen nach dem anderen nahe um die Bodenmulde setzte, was kleine und große Fliegen anlockte, die so für das Mwana erreichbar waren. Für die ersten Tage und Wochen musste das genügen. Sie putzte sein Gefieder, trocknete mit ihrer Zunge seine wässrigen Augen und legte beim Schlafen ihren Körper schützend um das Kleine. Die Wolfsmilchhyäne umgab ihr Mwana fisi mit all ihrer Fürsorge, deren sie fähig war. Nachtaktiv, wie sie war, döste sie allerdings in der Mittagshitze ein, und verfiel, erschöpft von den aufregenden Ereignissen, in tiefen Schlummer. Hungrig und hilflos piepste das Küken lauthals.
Der Buschhupfer stutzte, lugte aus seinem Gestrüpp heraus. Beim Anblick dieses zerzausten Etwas erwachte seine Furcht auf Neue, insbesondere ängstigte er sich, dass dessen mitleiderregendes Gepiepse gefährliches Getier anlocken könnte. Er überlegte. Schließlich stahl er sich heraus aus seinem Busch, um sich seinen Speer in einem Anfall von Mut zurückzuholen. Er begann, mit dem Speer in den Kothaufen ums Nest zu stochern, und damit die Fliegen aufzuscheuchen. So konnte das Mwana seinen Hunger stillen, und der Buschhupfer konnte sich in sein bewährtes Versteck zurückziehen.
Doch der erbärmliche Gestank, die aufstiebenden Fliegenschwärme, das laute Geziepe des Mwana fisi hatten den gefräßigen Löwen aufmerksam werden lassen. Neugierig schlich er sich an, auf leisen Tatzen. Er spürte schon das Wasser in seinem großen Maul zusammenlaufen.

