Veröffentlicht: 28.09.2025. Rubrik: Total Verrücktes
In Leichtigkeit entschwebe ich
Meine Worte besitzen inzwischen so viel Gewicht, dass ich mich ihrer glatt entledigen muss, damit die Waage nicht irgendwann, die weiße Fahne schwenkend, aus ihrem Gehäuse springt. Kein Wunder, behauptet ja der Volksmund: „Übung macht den Meister.“ Und wenn der Meister den Mund aufmacht, heißt das für den Leser: Ohren auf. Ahh, Augen auf natürlich, die Ohren braucht man beim Lesen ja nur, um auf Durchzug zu stellen. Dann kommt mehr Luft an den Denkapparat.
Einen Haken hat die Sache natürlich, denn es wird ja nicht genau definiert, wie viel Übung es braucht, bis man eine Meisterschaft errungen hat. Reichen 250 Kurzgeschichten? Obwohl das nur ein Bruchteil dessen ist, was ich bis dato in meinem Leben verbrochen habe. Vielleicht bin ich auch gerade erst im ersten Lehrjahr? Wo man an einer Schreibakademie nur Stifte spitzen und Radiergummis zum Glühen bringen darf. Dann wäre mein Weg allerdings noch weit und ich besitze ja noch nicht einmal einen Anspitzer.
Oder bin ich eventuell schon im zweiten Lehrjahr? In denen man die Basics des Schreibens vermittelt bekommt. Hmm, das wäre dramatisch, schließlich bin ich an denen schon in der Grundschule gescheitert. Ob es möglich ist, die Lehrjahre auch einfach zu überspringen und direkt als Meister des Wortes vom Himmel zu fallen? Ich meine, ab in den Flieger, Luke auf und dann raus ohne Fallschirm. Auf dem Weg nach unten lernt man dann zumindest mit Gewissheit, dass das eine ganz blöde Idee war.
Mit blöden Ideen habe ich allerdings früh die Meisterschaft errungen und das zweifellos, aber das ist ein anderes Thema. Zumindest habe ich mir jetzt diesen gewichtigen Text aus dem Zerebrum gequetscht und ich kann in neuer Leichtigkeit entschweben, während der Leser schaut, wie er mit dem Ballast nur irgendwie fertig wird.

