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geschrieben 2018 von Carl-Paul Hénry (Carl-Paul Hénry).
Veröffentlicht: 29.07.2018. Rubrik: Historisches


BLUTMOND - Impressionen

a.) Drehmomente
Einmal in 28,5 Tagen, wandert der Mond (Luna) entgegen des Uhrzeigersinns in seiner Bahn einmal unseren Planeten. Da sich die Erde aber auch entgegen des Uhrzeigersinns täglich einmal um sich selbst dreht, scheint der Mond für den irdischen Betrachter in der Nacht von Ost (links) nach West (rechts) zu wandern. In den ersten zwei Wochen wird er dabei von einer schmalen Sichel auf der rechten (der Sonne zugewandten) Seite zum Vollmond, um dann – ebenfalls von rechts beginnend – wieder abzunehmen. Dann beginnt das ganze Spiel von vorne. Allerdings dreht sich in dieser Gesamtzeit auch der Mond einmal um sich selbst, denn täte er das nicht, würden auch wir Normalsterblichen einmal im Monat die Rückseite (dark side of the moon) des Mondes zu Gesicht bekommen. In diesem Zyklus drehen sich Erde und Mond in dieser symbiotisch in 365 Tagen einmal um die Sonne (Helios).

b) Anekdote zum Lachen und Nachdenken
Es war Freitag, der 27. Juli, als im Fernsehen der spannende Film „Mission impossible III“ lief, gerade wollte der Sandsturm denn höchsten Turm der Welt erreichen, als ich mich losriss, den Fernseher ausschaltete, um nach draußen zu gehen. Diesen film hatte ich ja schon einmal gesehen und er würde sicher auch wiederholt werden. Das heutige Himmelsereignis allerdings in meiner Lebenszeit garantiert nicht. Also machte ich mich auf, um auf den Buckel, dort wo die beiden Schulen stehen, zu gelangen. Auf halber Höhe, der westliche Horizont war noch leicht erhellt, saßen zwei Teeniemädchen auf dem Weg, Blick Richtung zwischen Berg und Bodensee. Als ich sie fragte, was sie denn hier täten, meinten sie, sie würden auf den aufgehenden Mond warten. Ich musste lachen und klärte die beiden darüber auf, dass der Mond im Osten aufginge. Aber sie wussten nicht, wo der Osten liegt. Als ich dann auch noch anfing ihnen zu erklären, warum der Mond nachts überhaupt scheint und dass das aber heute Abend ganz anders sein wird, weil … meinten sie ganz schnell, sie hätten noch ein Date – und weg waren sie.

c) Blutmond 1
Als ich an der Brücke, die über die Verbindungsstrasse zwischen meiner und der Nachbarstadt führt ankam, musste ich immer noch kopfschüttelnd lachen. Nun aber ging in diesem Moment zwischen zwei Bäumen vor mir und über den Tannenwipfeln des Hirschgeheges ein dunkel gefleckter und tief orangefarbener Vollmond auf. Es war der so genannte Blutmond, den bei der Opposition Sonne – Erde – Mond nur das rote Farbspektrum der Sonne erreicht (hatte ich gerade zwei Stunden zuvor in der „Tagesschau“ gelernt). Während der Mond höher und höher stieg und dabei von Weingarten nach Ravensburg wanderte, gesellten sich nacheinander ein türkisches Ehepaar, ein Fahrradfahrer mit Fernglas, noch ein Ehepaar und eine Gruppe junger Erwachsener zu mir auf die Brücke. Natürlich tauschten wir uns rege aus und belehrten uns gegenseitig über das Wieso und Warum und Wann wieder.

cc) Kometenhaftes
Als ich meinte, dass die Menschen zurzeit Martin Luthers und auch noch später in so einer Himmelserscheinung ein (oft böses, aber nicht immer) Omen sahen und dass es tatsächlich vier Jahre vor Ausbruch des 1. Weltkrieges (1914-18) über Europa einen mächtigen Kometen, den Halleyschen Kometen, zu sehen gab, und die Menschen eine bevorstehende Katastrophe befürchteten, wurde es ein wenig ernst. Doch als ich schnell hinzufügte, ‚das war sicher Zufall’, konnten alle erlösend lachen. Der Hallesche Komet war übrigens 1986 wieder von der Erde aus zu sehen, denn er kehrt alle 76 Jahre wieder. Vier Jahre später (1990) feierte Deutschland seine Wiedervereinigung. Übrigens könnte es sich bei dem von der Bibel überlieferten „Stern von Bethlehem“ genau um diesen Kometen gehandelt haben. Denn wenn wir zurückrechnen, dann erschien der Halleysche Komet im Jahre 12 v. Chr. Der historische Jesus selbst wurde (aufgrund von Veränderungen der Zählweise von Jahren im Laufe von über 2.000 Jahren) nicht im Jahre „Null“, sondern etwa „6 vor unserer Zeitrechnung“ geboren. Es könnte auch das Jahr „acht“ gewesen sein. Im Jahre 70 n. Chr. zerstörten die Römer unter Feldherr Tiberius (dem späteren Kaiser) die Stadt Jerusalem und den Tempel und nahmen sämtliche Tempelschätze samt der Bundeslade mit in ihre Hauptstadt. Der entsprechende Triumphbogen in Rom zeigt noch heute, dass dies tatsächlich so geschehen war. Und nun kommt es: Vier Jahre zuvor, im Januar 66 n. Chr. war wieder einmal und turnusmäßig der Halleysche Komet am Himmel erschienen. Alles nur Zufall? Übrigens: Nach der Bundeslade, in der sich die beiden Steintafeln mit den „Zehn Geboten“ befinden sollen, sucht Steven Spielbergs Indianer Jones immer noch, was Sheldon, Leonhard, Howard und Rajesh in „The Big Bang Theorie“ begeistert hat, bis es ihnen Amy Farrah Fowler „kaputt gemacht hat“.

c) Blutmond 2
Bald aber war ich wieder allein, denn sie alle hatten auch noch etwas anderes vor. Inzwischen war der rot-gelb leuchtende Mars den Wipfeln der Hirschegger Tannen entwichen und zeigte sich rechts unterhalb des Blutmondes. Zwar war er gefühlt einhundertmal kleiner, aber zehnmal heller als Luna, und er näherte sich von Minute zu Minute dem Mond. Da ich wusste, dass dieses Spiel noch gut eine Stunde so fortgehen würde, machte ich mich auf den Weg nach Hause, um von dort aus meinen Dachfenster, den inzwischen über den Dächern der Häuser im Alexiusweg aufgegangene Blutmond weiter zu beobachten. Inzwischen lief auf dem Kanal „Gefährliche Nähe“ mit Bruce Willis, den ich aber auch schon dreimal gesehen hatte und deshalb nach zehn Minuten den Fernseher mit dem Dachfenster Richtung Südost tauschte.

d) Seitenverkehrtes Spektakel
Doch nun begann das eigentliche Schauspiel, auf das ich ehrlich gesagt nicht vorbereitet war. Denn das, was wir ansonsten nur innerhalb von zwei Wochen beobachten können, vollzog sich nun im Laufe von nur einer Stunde. Allerdings seitenverkehrt. Denn der nun tiefrote Mond mit seinen dunklen Schatten begann, sich von links her (also von Osten) von einer schmalen uns vertrauten gelb leuchtenden Sichel zum „Viertel-, Halb-, Dreiviertel- und Vollmond“ zu entwickeln. Das war die Phase, wo sich der Mond aus dem Kernschatten der Erde sukzessive löste. Grandios. Anschauungsmaterial für den Schulunterricht. Dann – es war schon längst nach Mitternacht und als sich auch der letzte Erdschatten von der Mondfläche verflüchtigt hatte – erst dann, zogen sich Wolken vor den Mond und verdeckten ihn und Mars. Perfekt „getimet“.

e) Gutes Omen, schlechtes Omen?
In den nächsten kommenden 1.000 Jahren wird es 52 totale Mondfinsternisse geben, die teilweise noch bis zu drei Minuten länger dauern werden, als die vom 27. Juli 2018. Allerdings wird der ersten dieser zukünftige 52 Blutmonde erst nach über 100 Jahren von der Erde aus zu sehen sein – vorausgesetzt, es gibt sie noch und, wenn es sie noch gibt, es leben noch Menschen auf ihr, die den Blutmond beobachten könnten. Das haben wir natürlich nur teilweise in unserer eigenen Hand, denn wir sind Menschen, und keine Götter. Aber das, was in unserer Macht steht, sollten wir tun, damit einst unsere Ur-ur-Enkel sagen können: „Guck mal da, der Blutmond. Da flieg ich übrigens übermorgen hin.“

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