geschrieben 2025 von Matthias Stilke (CaptainX).
Veröffentlicht: 06.10.2025. Rubrik: Fantastisches
Linke Dinger!
Linke Dinger!
Folgender Text ist die Fortsetzung der Kurzgeschichte 'Duell im Abendrot' - überwiegend aus der Sicht von Kommandant Ghuntha, während und nach dem Absturz seines Schiffes.
*
Ich überlegte: »Nein! Ich will Narro. Die Crew muss sterben.«
Der Mensch Rene sah mich einen Moment an, neigte aber dann den Kopf und sagte: »Jawohl, Kommandant.« und verließ die Brücke. So wertvoll er bei Beutejagten auch war, er ist und bleibt ein Mensch: Viel reden, diskutieren und wenig tun! Aber das werde ich ihn noch austreiben! Aber zunächst einmal mussten wir das Schiff zur Landung zwingen. Der dichte Wald bot hierfür keine Gelegenheit. Etwas weiter voraus ragte eine stählerne Landeplattform über die Baumwipfel hinaus. Ich glaube, dort verladen die Einheimischen gewöhnlich ihren Holzschlag.
»Kommunikationsoffizier?« Dieses wertlose Stück Shrakh legte ängstlich die Ohren an: »Ja, Kommandant?«
»5000 Meter vor uns befindet sich eine Landeplattform der Affen. Die Sieglinde soll dort landen und ihre Systeme herunterfahren. Informieren sie Rene, dass er dort Narro abholen soll.«
»Jja, Kommandant.«
»Navigator?«
»Kommandant?«
»Auf der Plattform ist für uns kein Platz mehr. Wir gehen parallel. Abstand 100 Meter. Sekundenbereitschaft. Hauptbildschirm auf die Plattform.«
»Verstanden, Kommandant.«
»Waffenoffizierin?«
»Ja, Kommandant?«
»Schicke zwei Soldaten zur Gangoo. Sie sollen Mensch Rene begleiten, damit er nicht auf dumme Gedanken kommt.«
Der Vargr sagte »Ja, Kommandant.« und gab die entsprechenden Befehle an das Enterkommando.
Ich lehnte mich zurück und sah auf den Hauptbildschirm: »Waffenoffizierin?«
»Ja, Kommandant?«
»Sollte Schiff auch nur ein System hochfahren, schießt du es von der Plattform runter.«
»Kommandant, wenn die 'Gangoo' übergesetzt hat, wäre sie beinahe in der Schusslinie ...«
Waffenoffizierin unterbrach sich, als ich sie scharf ansah, neigte den Kopf und sagte: »Jawohl, Kommandant.«
Sie wird aufmüpfig! Ich muss wohl demnächst mal einige Exempel statuieren!
Die 'Sieglinde' landete auf der Plattform und fuhr die Systeme herunter. Die 'Gangoo' erschien langsam am rechten Bildschirmrand. Das Landefeld war nicht sonderlich groß; der Mensch musste den Kutter in unmittelbarer Nähe der 'Sieglinde' landen.
Kommunikationsoffizier sagte: »Die Gangoo ruft die Sieglinde.«
»Mitschalten!«
Kommunikationsoffizier aktivierte den Com-Schirm mit Rene's Gesicht auf der 'Gangoo'. Sein Gesprächspartner auf der 'Sieglinde' war ebenfalls ein Mensch. Ohne Geruchsspur hatte ich Probleme, diesen von Rene zu unterscheiden - so ähnlich waren sie sich.
Ich hörte Rene sagen: »... gesamte Besatzung wird nun umgehend und unbewaffnet das Schiff verlassen und sich an Bord des Kutters begeben. Sollten sie irgendwelche Tricks versuchen, versichere ich ihnen, dass mein Kommandant auf der Doppelkralle ihr Schiff von der Plattform pusten wird. Sie haben fünf Minuten.« Er schaltete den Kanal ab. Einige Minuten passierte nichts weiter.
»Waffenoffizierin? Feuer eröffnen. Das dauert mir zu lange.«
Anstatt meinen Befehl zu bestätigen, zeigte sie mit der Klaue auf den Hauptbildschirm und sagte: »Da, Kommandant.«
Eine Schleuse der 'Sieglinde' öffnete sich und heraus kam eine Gruppe Menschen und Vargr. Auch dieser kleine Grasfresser Narro war dabei. Jetzt stiegen Rene und die beiden Marinesoldaten aus und gingen zur Sieglinde. Verdammt! Da war noch eine vierte Person! Richtig, der Vargr, den der Mensch Rene von Jelohm mitgebracht hat. Das hatte ich nicht befohlen! Erst diese überflüssige Diskussionen und nun das! Das wird noch Konsequenzen haben.
Rene unterhielt sich kurz mit einem älteren Vargr und dessen Mitbringseln und enterten dann das Transportschiff. Nach einigen Momenten kam er wieder heraus und sprach mit Rene.
Was soll das jetzt? Der Vargr führt die gesamte Crew der 'Sieglinde' zur 'Gangoo'! Ich hatte Rene gesagt, dass ich nur Narro haben will! Das reicht mir jetzt!
»Waffenoffizierin?«
»Ja, Kommandant?«
»Ich habe die Schnauze voll. Feuer frei auf die 'Sieglinde'.«
Doch anstatt einer Bestätigung hörte und spürte ich Explosionen im Schiff. Technikoffizier meldete: »Explosionen im Maschinenraum. Wir verlieren Energie.« Die Beleuchtung flackerte und ging schließlich ganz aus. Bevor auch der Hauptschirm erlosch, sah ich noch Rene, wie er den beiden Soldaten lange Messer in die Hälse rammte. Dann deaktivierte sich auch der Antischwerkraftgenerator und das Schiff sackte ab.
Die Notbeleuchtung sprang an. Auch das Intercom lief nun auf Batterie.
»Maschinenraum. Wir stürzen ab. Was ist da los?«
»Hauptenergie ausgefallen. Backup-Systeme ausgefallen. Ich leite komplette Restenergie in den ASG.«, kam als Antwort. Da ruckte das Schiff bereits, als es auf die ersten Baumkronen drückte.
Das Rucken verstärkte sich.
»Maschinenraum. Was ist jetzt?«, schrie ich ins Mikro.
»Nicht genug Energie. Kann das Schiff nicht abfangen.«
Ich reagierte sofort: »Brücke an Besatzung: Festhalten! Wir stürzen ab.«
Die Vibrationen wurden immer stärke. Von einigen Konsolen stieg Rauch auf; vermutlich Energierückkopplungen durch gerissene Leitungen. Dann war auf einmal Stille. Die geringe Schwerkraft deutete darauf hin, dass sich das Schiff nun - mehr oder weniger - im freien Fall befand. Dann kam der Aufprall und ich verlor das Bewusstsein.
Langsam kam ich wieder zu mir. Irgendwo brannte es. Ich roch verbranntes Metall und Plastik und auch versengtes Fell. Das Schiff hatte Schlagseite. Bis auf die Notbeleuchtung war alle ausgefallen - auch das Intercom und die meisten Konsolen.
Ich löste meinen Gurt und stand auf. Einige Offiziere hingen immer noch bewusstlos in ihren Sesseln. Waffenoffizierin rührte sich; sie hatte von irgendwoher eine Platzwunde am Kopf, schien aber sonst in Ordnung zu sein.
»Waffenoffizierin! Sie haben das Kommando. Ich bin in Maschinenraum. « Sie sah mich etwas verwirrt an, aber dafür hatte ich jetzt keine Zeit. Ich musste mich um das Schiff kümmern.
Ich hechtete in den Maschinenraum. Auf den Weg dorthin, musste ich alle Irisblenden mit der Notentriegelung manuell öffnen, da auch diese keine Energie hatten.
Unten traf ich zwischen Rauch und Trümmer Schiffsingenieur. Er haute gerade auf eine flackernde Konsole ein.
»Bericht!«
Er schüttelte verzweifelt den Kopf: »Ich weiß es nicht. Ich bekomme hier keine Konsole oder Protokolle zum Laufen.«
»Dann lass uns rausgehen und den Schaden von außen ansehen.«
Wir rannten - oder taumelten eher - zur Hauptschleuse. Auch diese musste manuell geöffnet werden. Draußen bekamen wir erst einmal einen Hustenanfall - ein Zeichen dafür, wie belastet die Luft drinnen war.
Wir umrundeten das Schiff. Die Schäden waren immens. Durch den Absturz war der Rumpf an mehreren Stellen gerissen; Baumstümpfe hatten sich in die Struktur gebohrt. Ingenieur riss eine Verkleidung am Rumpf ab und aktivierte das Entlüftungssystem per Hand. Da hörten wir auf einmal Schüsse.
Instinktiv gingen wir beide in gebückte Kampfstellung und zogen unsere Waffen. Die Schüsse kamen aus Richtung Luftschleuse, aber kurz und relativ leise. Das waren nicht unsere Waffen! Ich gab Ingenieur ein Zeichen und wir zogen uns vom Schiff zurück, ein Stück in den Wald hinein. Da! Schon wieder Schüsse und eine gedämpfte Explosion. Was ging da vor?!? Ich erklomm einen geeigneten Baum und sah Bewegungen an der Luftschleuse der 'Doppelkralle'. Verdammt! Imperiale Soldaten! Ich ließ mich auf den Boden fallen und zusammen mit Ingenieur sah ich zu, dass wir vom Wrack Abstand gewannen, bevor die Soldaten uns irgendwie wahrnehmen könnten.
Nach etwa 100 Metern blieben wir stehen.
»Was ist los, Kommandant?«, keuchte er. Vermutlich hatte er in letzter Zeit zu viel bei seinen Maschinen herumgehangen.
»Imperiale Marinesoldaten entern das Schiff.«, sagte ich knapp. Ingenieur sagte etwas, aber ich achtete nicht drauf - ich musste nachdenken.
Der Mensch Rene hatte zwei meiner Leute getötet und war vermutlich für die Explosionen an Bord verantwortlich - das Timing war einfach zu perfekt! Wahrscheinlich hatte er auch uns an die Marines verraten, die jetzt gerade das Schiff stürmte! Kalte Wut, nein, Hass stieg in mir auf! Mein zerstörtes Auge schmerzte und pochte, aber ich musste einen klaren Kopf bewahren.
Soviel war klar: Die 'Doppelkralle' war verloren. Selbst wenn der Schaden geringer wäre, als es jetzt für uns aussah, würden die Marinetruppe das Schiff vollständig zerstören, nachdem sie es geentert und geplündert hatten. Die Imperiale Marine operiert in zwölfköpfigen Gruppen. Wir hatten es hier also mit mindestens einem Dutzend schwer bewaffneten und gut ausgebildeten Marines zu tun. Der Großteil meiner Besatzung war benommen und verletzt, ja, vielleicht sogar tot. Für einen Angriff auf Imperiale Soldaten keine guten Voraussetzungen. Wir hatten nur unsere schweren Bolter und waren beide verletzt; wie ich beobachten konnte, zog Ingenieur sein Bein stark nach. Nein! Das Schiff war verloren! Wir konnten nur noch abwarten, bis sich die Marines zurückzogen und dann aus dem Wrack zu retten was noch zu retten war.
*
Nach ein paar Stunden zogen die Marines ab. Ghuntha hörte Stimmen und einige dumpfe Explosionen. Zehn Minuten später heulte ein schweres Manövertriebwerk über den Baumwipfeln auf und dann war Stille.
Kommandant und Ingenieur schlichen mit vorgehaltenen Bolter zum Wrack. Die Marines hatten ganze Arbeit geleistet! Aus den vielen Öffnungen und Rissen qualmte öliger Rauch; sie hatten anscheinend alle wichtigen Bauteile mit Sprengladungen zerstört. Ingenieur senkte seine Waffe; ihm standen Tränen in den Augen.
Ghuntha hatte aber das Schiff bereits abgehakt. Er suchte in den unteren Decks, die nicht ganz so zerstört und begehbar waren, nach nützlichen Ausrüstungsgegenständen. Viel fand er aber nicht: Eine halb zerstörte Notfallausrüstung, ein Medkit, diverse Werkzeuge und ein vergessenes Sturmgewehr - allerdings ohne Munition. Vor der Schleuse entdeckte er Blutspuren. Es hat also Verletzte gegeben, wenn nicht sogar Tote. Leichen waren aber nicht zu sehen; vermutlich haben die Marines diese als Trophäen mitgenommen.
Es würde noch eine Weile dauern, bis die oberen Decks durch die Explosionen und Brände soweit abgekühlt waren, dass sie diese auch durchsuchen konnten. Kommandant setzte sich auf die Stufen der Schleuse und kaute nachdenklich an einem Vitamin-Riegel der Notfallration. Sein verletztes Auge hatte er ganz vergessen.
Dann wurde es Zeit. Sie mussten zunächst einmal weg von hier. Sicher würden hier früher oder später weitere Behörden aufkreuzen und herumschnüffeln. Es war sogar möglich, dass der Kreuzer zurückkehren würde.
Die beiden Vargr untersuchten noch schnell die oberen Decks des Schiffes, soweit diese überhaupt noch durch die Zerstörungen begehbar waren, fanden aber kaum noch Verwertbares.
Sie packten ihre magere Beute und entfernten sich einige Kilometer vom Wrack. Sie bauten sich mit der Notfallausrüstung ein primitives Camp. Sie hatten genug Wasser und Proviant und würden sicher einige Tage oder sogar Wochen hier überleben können.
In den folgenden Tagen machte Ghuntha keine Anstalten zur 'Doppelkralle' zurück zu kehren oder sonst wo hin. Ingenieur machte sich Sorgen! Würden sie hier jämmerlich zugrunde gehen?
Eines morgens heulte plötzlich wieder ein Schubtriebwerk oben am Himmel auf. Diesmal aber heller in einer höheren Frequenz. Kommandant kannte dieses Geräusch: Es gehörte einem Scoutschiff in Vargr-Bauweise. Er wollte verdammt sein, wenn es sich nicht eines seiner Begleitschiffe war. Er packte schnell seine Waffe und rannte zurück zur Plattform. Ingenieur folgte ihm humpelnd.
Bei dem Schiff handelte es sich tatsächlich um Scout-B, der 'Ironface', einem Begleiter der 'Doppelkralle', die nun für immer tot in einem Wald auf Eathen lag. Nach einigen langsamen Überflügen landete das Schiff auf der Plattform. Zwei Vargr in schwerer Kampfausrüstung fuhren mit dem Frachtlift - die Waffen im Anschlag - hinunter auf das Bodenniveau, wo sie bereits von ihrem Kommandaten und Ingenieur erwartet wurden.
Die Beiden sahen ihren verletzten Kommandanten ungläubig an. Dieser betrat ungeduldig die Plattform und sagte nur: »Wurde auch Zeit. Wir müssen los.«
Träge bewegte der Lift wieder nach oben. Ingenieur nutzte diesen Moment und fragte mit gesengten Kopf: »Kommandant. Woher wusstest du, dass ...«
Ghuntha's strenger Blick brachte ihn zum Schweigen. Er zog ein faustgroßes Gerät aus der Tasche und hielt es Ingenieur mit einem Ruck vor die Schnauze. Es war ein äußerst starker Peilsender mit großer Reichweite, mit dem seine Leute ihn auf jeden Planeten und sogar im Weltraum im Radius einer Astralen Einheit lokalisieren konnten.
Das kleine Scoutschiff verfügte nur über zwei Kabinen. Kommandant übernahm wie selbstverständlich eine für sich und warf einfach Hranghukrak's persönliche Gegenstände hinaus auf den Flur, worauf sie später als Ranghöhere auf die gleiche Weise die zweite Kabine übernahm. Bordschütze musste sich wohl oder übel im Geschützturm einrichten. Kommandant hatte Ingenieur sofort nach Betreten der 'Ironface' vergessen, gehörte er doch weder zur Crew noch hatte er hier an Bord eine offizielle Funktion - lediglich seine Qualifikationen würden ihn am Leben erhalten. Ingenieur fand in der kleinen Kammer, wo die Sondierungsdronen aufbewahrt wurden, ein stilles Plätzchen, wo das Risiko, Kommandant über den Weg zu laufen, verschwindend gering war.
Während die 'Ironface' startete und in den Orbit aufstieg, grübelte Kommandant über seine Situation: Rene hatte ihn verraten und die Beute gestohlen. Sein Schiff wurde von der verfluchten Imperiale Navy geentert, geplündert und zerstört. Aber er würde noch tun, was getan werden musste - und Rene würde einen ebenso fantasievollen wie schmerzhaften Tod sterben.
Fortsetzung folgt ...
Geschrieben: September 2025
Autor: Matthias Stilke
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