geschrieben 2025 von Matthias Stilke (CaptainX).
Veröffentlicht: 21.10.2025. Rubrik: Fantastisches
Verraten!
Verraten!
Folgender Text ist die Fortsetzung der Kurzgeschichte 'Duell im Abendrot' - diesmal überwiegend aus der Sicht des Menschen Rene. Sie findet ihre Fortsetzung in der Kurzgeschichte 'Das Wrack im Dschungel'.
*
Ghudhtha sagte barsch: »Nein! Ich will Narro. Die Crew muss sterben.«
Ich war fassungslos, ob seiner Dummheit, sagte aber ergeben: »Jawohl, Kommandant.«
Ich eilte von der Brücke. Es war zwar schon alles vorab geplant, Ghudhtha hatte mich jetzt aber mit seiner irrationalen Reaktion überrumpelt. Ich eilte in meine Kabine und holte mein Zeug. Die vier Sprengsätze waren nur daumengroß und passten gut in meine Hosentasche.
Über Intercom meldete sich Kommunikationsoffizier. Ghuntha zwang die Beute zur Landung auf einer naheliegenden Landeplattform, die hauptsächlich von der örtlichen Holzschlagindustrie verwendet wurde. Dort soll ich dann Narro übernehmen und Ghudhtha würde die 'Sieglinde' vernichten. Jetzt wurde es so langsam eng.
Ich sprintete in dem Maschinenraum. Alle Kampfstationen waren besetzt; die Mannschaften und Offiziere konzentrierten sich auch ihre Konsolen, so dass ich die Sprengsätze unauffällig an den richtigen Stellen verteilen konnte, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
Im Laufschritt ging es dann zum Hangar. Zu meiner Überraschung standen dort neben Ghrangh auch zwei schwer bewaffnete Vargr vom Enterkommando - war Kommandant misstrauisch geworden? Egal! Das war jetzt nicht zu ändern; ich werde mich wohl später um die beiden kümmern müssen.
Ich setzte mich auf den Kommandosessel und Ghrangh neben mir. Die beiden Soldaten standen dicht hinter uns und beobachteten jede unserer Bewegungen.
Ich löste die Andockvorrichtung und ließ die Manövertriebwerke den Kutter sanft aus den Hangar gleiten. Nach einigen dutzend Metern landete ich die 'Gangoo' auf der Plattform - gefährlich dicht an der 'Sieglinde', viel Platz war hier nicht mehr.
Ich öffnete einen Kommunikationskanal zur 'Sieglinde'. Ein Mensch nahm das Gespräch an - vermutlich der Skipper oder Pilot. Ich ließ ihn gar nicht zu Wort kommen: »Guten Tag. Sie und die gesamte Besatzung wird nun umgehend und unbewaffnet das Schiff verlassen und sich an Bord des Kutters begeben. Sollten sie irgendwelche Tricks versuchen, versichere ich ihnen, dass mein Kommandant auf der Doppelkralle ihr Schiff von der Plattform pusten wird. Sie haben fünf Minuten.« Umgehend beendete ich die Verbindung.
Nach einigen Minuten kam eine Handvoll Gestalten aus der Schleuse der 'Sieglinde'.
Das war mein Stichwort. Ich stand auf: »Los geht's.« Ich verließ den Kutter. Die beiden Marinesoldaten und Ghrangh folgten mir.
Die Crew des Transporters bestand aus Vargr und Menschen: »Wer ist der Kapitän?«
Ein alter, aber gut gekleideter Vargr trat vor: »Ich.«
»Ich gehe wohl recht in der Annahme, dass sie den Schiffscomputer auf Übergabe geschaltet haben?«
»Natürlich, Sir.«
Ich nickte und gab Ghrangh ein Zeichen: »Überprüfen!«
Ghrangh ging in Richtung Schleuse.
Ein weibliche Vargr schien ihn zu erkennen und nannte seinen Namen.
Er ließ sich aber nichts anmerken
und betrat das Schiff. Nach zwei Minuten war er wieder draußen und sagte: »Alles in Ordnung.«
»Okay. Bring' die Leute an Bord der Gangoo.«
Jetzt kam der Showdown! Ich bewegte mich zwischen den beiden Marines. Als Ghrangh mit der Crew die 'Gangoo' erreichte, löste ich die Sprengladung aus. Außer, dass die Schiffsbeleuchtung der 'Doppelkralle' flackerte und das Schiff ein wenig absackte, war nicht viel zu sehen. Es reichte aber dafür aus, dass die Soldaten zum Schiff sahen. Das war der Moment! Ich zog gleichzeitig die beiden skalpellscharfen Plastikmesser aus den schmalen Beintaschen und stach die Klingen den Soldaten quer durch die ungepanzerten Hälse. Noch während sie fielen, schnappte ich mir ihre Waffen, sprang ins Schiff und schloss die Schleusen. Hinter mir hörte ich, wie die 'Doppelkralle' in den Wald abstürzte.
Ich konnte mir gut die Wut von Ghrangh vorstellen, dass ich ihn hier sitzen ließ. Ich hätte aber die Beute mit NIEMANDEN geteilt. Hier Bord wäre er irgendwann einem unnatürlichen Tod gestorben, aber ich mochte ihn irgendwie - so gesehen, hatte das ihn sein kleines Leben gerettet.
Ich rannte zur Brücke. Die 'Doppelkralle' war außer Gefecht, die 'Gangoo' konnte mir nicht gefährlich werden. Trotzdem wollte ich so schnell wie möglich weg, raus aus dieser Situation - das Thema endlich nach Monaten Vorbereitung abschließen. Der Schiffscomputer stand, wie Ghrangh gemeldet hatte, auf Übergabe. So übernahm ich es problemlos, fuhr die Systeme hoch und jagte so schnell davon, wie es die Triebwerke es hergaben.
*
Rene nahm sich vor, solange auf der Brücke zu bleiben, bis das Schiff in die relative Sicherheit des Hyperraums fiel. Viel konnte bis dahin nicht passieren. Die 'Doppelkralle' war zerstört, der Imperiale Kreuzer würde sich um die Reste kümmern, die Überlebenden töten oder gefangen nehmen. Sicher, die 'Gangoo" war noch unterwegs, aber zum Glück konnte er notfalls den Geschützturm von der Brücke aus bedienen und den Kutter auf Abstand halten. Die Bewaffnung des Beiboots hatte er vorsichtshalber unbrauchbar gemacht. Wenn er den die Flugpläne richtig im Kopf hatte, müsste sich hier auch Scout A herumtreiben, allerdings nicht mit Befehl auf die 'Sieglinde' zu operieren. Von dieser Seite waren also auch keine Überraschungen zu befürchten.
Rene war kein ausgebildeter Pilot und auch von Technik verstand er nicht allzu viel. Er hatte aber lange genug in den verschiedenen Bereichen der Raumfahrt gearbeitet, dass er über genügend Erfahrung verfügte, ein Schiff wie dieses zu navigieren.
Auf dem Weg zum Sprungpunkt checkte er die Wartungsprotokolle. Anscheinend gab es in der jüngsten Vergangenheit Probleme mit dem Sprungantrieb, die zwar provisorisch, aber mit viel Einfallsreichtum behoben wurden. Auch ein Schaden am Tanksystem wurde erfolgreich überbrückt. Der Computer maulte zwar etwas von 'unsachgemäßer Reparaturen' und empfahl eine Werkstattwartung - die Systeme funktionierten jedoch einwandfrei.
Nach dem Übergang in den Hyperraum atmete er entspannt aus und ging in den Laderaum. Er überprüfte die IDs der Container. Bei einem fehlte die Verplombung. Er öffnete diesen und spähte hinein. Der Container war innen zwei Meter hoch mit Standardtransportbehältern vollgeladen. Er kletterte zum oberen Behälter hinaus. Auch hier fehlte die Verplombung. Er hob den Deckel an, griff hinein und zog ein nagelneues Karabinergewehr Imperialer Bauart hervor. Befriedigt schloss er Behälter und Container wieder und schlenderte nach oben zu den Mannschaftsquartieren.
Sein langer Aufenthalt bei den Vargr hatten seinen Geruchssinn geschärft. Er merkte sofort, dass sich auf dem Passagierdeck nur selten Vargr aufhielten. Eine oberflächliche Untersuchung der Kabinen brachte neben einigen Waffen (unter anderem ein militärisches Präzisionsgewehr) nur typisch menschliche Privatgegenstände und Kleidung zum Vorschein.
Ganz anders auf dem Oberdeck. Hier roch es streng nach monatelangen Aufenthalt mehrerer Vargr. Zwar konnte Rene die Geruchsspuren nicht klar differenzieren, der Duft von überdurchschnittlichen Ärger und Wut war aber nicht zu überriechen. Typische Vargr-Waffen und Ausrüstungsgegenstände bestätigten diesen Eindruck.
Er setzte sich an den Kantinentisch und legte den Karabiner ab. Sein Plan war, die Ware auf Cran abzustoßen. Die dort tätige Organisation würde zwar eine erhebliche Provision kassieren, der Deal aber schnell und diskret abgewickelt werden können. Mit der geringen Sprungkapazität der 'Sieglinde' dauerte die Reise dorthin allerdings vier Wochen. Rene arbeitete aber schon seit Jahren auf dieses Ziel hin, dass es jetzt auf ein paar Wochen mehr oder weniger nicht ankam.
Fortsetzung folgt...
Geschrieben: Oktober 2025
Author: Matthias Stilke
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