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geschrieben 2020 von Nordlicht.
Veröffentlicht: 18.01.2021. Rubrik: Nachdenkliches


Die Projektleiter

Die Projektleiter Naumann, Klein und Tietz saßen um den großen Tisch im Versammlungsraum. Ihre Firma hatte arge finanzielle Probleme gehabt und sich nun von einem anderen Unternehmen schlucken lassen. Die Firma sollte als Tochterunternehmen weiterlaufen und es sollte keine Entlassungen geben. Aber den Projektleitern war klar, dass es so nicht weiter gehen würde. Es würde zu einigen Umstrukturierungen kommen, bei denen der eine oder andere seinen Hut würde nehmen müssen.
Nun saßen sie sich also gegenüber und berieten über ihr weiteres Vorgehen, bevor einige Leute von der neuen Firma vorbeikommen würden und sie ihnen die aktuellen Projekte erklären müssten.
Naumann betreute das wohl wichtigste Projekt. Das war allen klar. Er war ein Mann um die fünfzig, fing langsam an graue Haare zu bekommen und war seit ein paar Jahren als Projektleiter angestellt. Seine Leute hatte er ganz gut im Griff.
"Also gut, dann stellen wir ihnen zuerst einmal alle Projekte vor", sagte er. "Sie werden sicher besonders an den finanziellen Punkten interessiert sein."
"Das habe ich mir auch gedacht", stimmte Klein zu. "Ich habe hier mal eine Tabelle vorbereitet, in der man gleich eine gute Übersicht bekommt. Die Herren müssten nur nochmal die Daten aus ihren Projekten hinzuschreiben."
Herr Klein war schon seit mehreren Jahrzehnten im Betrieb. Er war zwar schmächtig aber entgegen seines Namens nicht klein. Seine Augen waren von einem dunklen Braunton und seine Haare waren schon etwas dünn.
"Zahlen, ohne Hintergrund, bilden doch aber keine Beurteilungsbasis", meinte Herr Naumann.
"Das soll ja auch nur eine Gesamtübersicht sein. Den Inhalt haben wir ja auch auf den Handouts. Und die Zusammenhänge erklären wir ihnen gleich."
"Ich finde, so eine Übersicht ist eine gute Idee", meinte Herr Tietz. Er war mit Anfang dreißig der jüngste am Tisch, war von einem dunklen Hauttyp und schlanker Statur.
"Also gut", brummte Herr Naumann und nahm sich die Liste, um sie auszufüllen.

Sie waren kaum alles einmal durchgegangen, da klopfte es bereits und die Kollegin verkündete ihnen, dass die Herrschaften da wären.
Gleich darauf betraten ein hochgewachsener Mann, eine junge Frau und ein junger dunkelhaariger Mann den Raum.
Die drei Herren standen auf und Herr Naumann begrüßte die eintreffenden zuerst.
Der große Mann stellte sich als Herr Kobalt vor, den Mann, der ihre Firma an die andere Firma eingliedern sollte und erklärte auch, dass der Chef, mit dem sie bislang kommuniziert hatten, sich leider entschuldigen ließ.
Herr Naumann erwiderte, wie schade er das fände und reichte schnell den anderen beiden die Hand. Gleichzeitig fing er an über den Betrieb zu reden und darüber, dass sich aus der neuen Situation sicher auch viel Gutes entwickeln könne. Dabei lies er kaum seine Kollegen zu Wort kommen, auch hatten die anderen Gäste keine Gelegenheit sich ordentlich vor zu stellen.
Er startete den Beamer für die Präsentationen, während alle anderen erst einmal platz nahmen.
Die Frau legte sich einen Notizblock zurecht und verfolgte aufmerksam seinen Vortrag, bei dem er vorrangig Herrn Kobalt ansah. Die Zwischenfragen der Zuhörer beantwortete er kurz und knapp. Wobei er eigentlich nur Herrn Kobalt eine kurze Antwort gab und die anderen oberflächlich abfrühstückte.
Danach war Herr Klein an der Reihe, der ausführlicher auf alle Zwischenfragen einging, was dazu führte, dass sich sein Vortrag etwas in die Länge zog.
Zuletzt war Herr Tietz dran. Dieser hatte zwar einen sehr großen Stapel Papiere dabei, hielt seinen Vortrag aber frei und beantwortete auch alle Fragen. Die Zwischenbemerkungen von Herrn Naumann lies er unkommentiert.

Letzten Endes fragte Herr Klein, wie es denn nun weiter gehen würde. Herr Kobalt antwortete, dass er das nicht entscheiden würde, sondern seine Chefs. Herr Naumann hakte nach, dass er es den Herren ja sicher Berichten würde.
Herr Kobalt entgegnete: "Ich werde den zwei Herren, zusammen mit meiner Chefin, berichten und dann werden wir darüber beraten."
"Zusammen mit ihrer Chefin?", fragte Herr Naumann irritiert.
"Ja, und ich glaube sie hat sich auch schon einige Notizen gemacht", meinte Herr Kobalt mit Blick zur Frau.
"Ja, habe ich", stimmte sie zu. "Ich muss jetzt auch gehen, ich habe gleich noch einen Termin im Büro."
Sie verabschiedeten sich kurz von den etwas verdatterten Projektleitern und verließen die Firma.

Nach ausführlicher Beratung, wurde beschlossen das Projekt von Herrn Tietz zu beenden, Herrn Nauman zu entlassen, das Großprojekt von Herrn Naumann an Herrn Klein zu übergeben und sein Projekt von Herrn Tietz weiterleiten zu lassen.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Susi56 am 19.01.2021:

Klingt sehr realistisch. Dass die Dame eine Chefin ist, habe ich geahnt... Gut so. Allerdings hätte ich mir zum Schluss eine etwas pfiffigere Wendung gewünscht. Hab jetzt spontan auch keinen Einfall, aber etwas spektakuläres, das mich aus den Socken haut... wäre toll. 😃




geschrieben von ehemaliges Mitglied am 19.01.2021:

große Frauen sind ja schon gefährlich: sie wehren sich und schlagen zurück. Aber schweigsame Frauen: Gott bewahr ..!




geschrieben von Isbahan am 23.01.2021:

Das nennt man wohl "abgefrühstückt". Respekt für die Dame!

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