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3xhab ich gern gelesen
geschrieben 2025 von Hubert Staller (Hubert Staller).
Veröffentlicht: 14.09.2025. Rubrik: Aktionen


Wehmut

Wenn der Sommerflieder im Garten blüht, wird er von zahlreichen Schmetterlingen besucht. Ich halte meinen Mittagsschlaf dann oft im Schatten des großen Kirschbaumes. Im Liegestuhl döse ich vor mich hin und falle schnell in einen leichten Schlaf. Oft erreichen mich Träume aus meiner Kindheit. Neulich träumte ich, wie ich als Kind am Weiher spielte und dort eine heftige Auseinandersetzung mit den Fröschen hatte.

Dieser Weiher, von dem ich erzähle, befand sich am Waldausgang in einer tiefen Senke. Er war umgeben von blühenden Wiesen. Farbenfrohe Schmetterlinge saßen auf den Grashalmen und wedelten mit ihren Flügeln. Die Feldlerchen und die Wiesenpieper flogen über die Wiese und sangen schöne Melodien. Das Zirpen der Grillen unterstützte diese Gesänge.
In den Uferzonen des Weihers wuchsen Schilfrohr und Seerosen. Weiden, Pappeln und auch Erlen umsäumten ihn. Sie warfen ihre Schatten auf das Wasser und schützten es so vor unnötiger Erwärmung.
Eine große, starke Eiche überragte alle Bäume. Unter ihrem Blätterdach war für mich der ideale Platz zum Spielen. Hier konnte ich in Ruhe die Tiere beobachten, die sich am Weiher aufhielten. Angeln durfte ich damals nicht. Dafür war ich noch zu klein. Auch hatte Vater seine Angelrute und den Kescher in einem Wandschrank verschlossen.

Eines Tages ging ich wieder zum Weiher. Ich hockte mich ans Ufer und beobachtete die Fische. Ein Stichling-Schwarm hielt sich im Uferbereich auf. Ich beschloss, diese Fische zu fangen. Für mich waren es Wale. Diese Stichlingswale wollte ich mit einer Harpune erlegen. Ich suchte mir ein Stöckchen, welches ich als Harpune benutzen konnte. Dann wartete ich, bis die Stichlingswale sich ruhig im Uferbereich verhielten. Als sich ein größerer Stichling näherte, stieß ich mit der Harpune urplötzlich zu. Doch ich hatte keinen Erfolg. Der Stichlingsschwarm stob auseinander. Bevor ich meine Jagd erneut fortsetzen konnte, musste ich warten, bis die Stichlinge sich neu versammelten.

Die Tiere im Umkreis störte meine Anwesenheit nicht. Die Rohrsänger tschilpten ihre Melodie oder fingen Mücken. Eine Entenfamilie schwamm ruhig in der Mitte des Weihers. Der Vater mit seinem grünen Haupt und dem gelben Schnabel schwamm sehr stolz vornweg. Die Mutter schnatterte unentwegt, drehte ständig ihren Kopf und zählte ihre Kinder.
Am gegenüberliegenden Ufer stand ein Storchenpaar im Wasser. Es stocherte im Wasser und suchte nach Futter. Ihr Klappern war weithin zu hören. Mich nahmen sie nicht wahr. Auch der Bussard nicht, der über den Waldrand kreiste.
Einzig die Frösche hatten mich wahrgenommen. Sie saßen in sicherer Entfernung auf den Blättern der Seerosen und beobachteten mich bei meinem Walfang. Jeden Fehlversuch kommentierten sie mit Quaken. Jedoch war das kein gewöhnliches Quaken, so ein: „Quak, quak.“ Nein, dieses Quaken war ein Lachen, ein spöttisches Auslachen. „Quahak, quahak“, so klang es. Es erzürnte mich und ich quakte zurück. „Quak, quak“, rief ich streng und widmete mich weiter dem Walfang. Bei einem erneuten Fehlversuch lachten die Frösche wieder. Ich wurde wütend, stampfte mit einem Fuß kräftig ins Wasser und rief: „Quaaak, quaaak“. Die Frösche sahen mich erschrocken mit großen Augen an und sprangen ins Wasser. Kurz danach tauchten sie im Schilfrohr auf und schimpften auf mich. „Quaak, quaak“, riefen sie verärgert und empört. Jetzt hatte ich vom Stichlingswalkkampf die Nase voll. Ich nahm meine Stöckchenharpune und warf sie wütend zu den Fröschen. Dann nahm ich mein Taschentuch aus der Hosentasche, trocknete meine Tränen und putzte mir die Nase. Erfolglos und missmutig trottete ich nach Hause.

Je älter ich wurde, desto mehr sank der Wasserstand des Weihers. Traurig und ratlos musste ich zusehen, wie das Wasser immer weniger wurde. Jetzt ist der Weiher ausgetrocknet. Binsengras wuchert auf dem einstigen Grund. Üppige Büsche der Himbeeren und Brombeeren erschweren das Betreten des einstigen Weihergrundes.
Erlen, Pappeln und Weiden sind urwaldmäßig verwachsen. Die Eiche ist stämmiger geworden, ihr Dach noch ausladender.
Rehe und Hasen habe ich in diesem Dickicht schon gesichtet. Auch ein Fuchs begibt sich hier auf Futtersuche. In diesem Biotop finden auch viele Vogelarten Platz zum Nisten: Krähen, Elstern und Ringeltauben haben in den Kronen der Bäume ihre Nester gebaut. Die Warnrufe des Eichelhähers sind weithin zu hören. Das Singen der Nachtigall und das Klopfen der Spechte ebenfalls.
Beim Gang an den Weiher bleibe ich oft unter dem Schattendach der Eiche stehen. Ich stütze mich auf meinen Stock und lausche der Stille. Mit Wehmut denke ich an die stolze Entenfamilie und an das lachende und schimpfende Quaken der Frösche

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Metti am 14.09.2025:
Kommentar gern gelesen.
Frösche können fies sein. Schöne Kindsheitserinnerung. Jetzt fehlt nur noch ein Teppichfass in der Geschichte.




geschrieben von Hubert Staller am 14.09.2025:

@Metti,
Hallo Metti, danke für deine Bewertung.
Ich sehe hier in dieser Geschichte das Teppichfass als unsere Umwelt. In diesem Teppichfass spiegelt sich die Entwicklung der Umwelt wider: Klimaänderung, Sinken des Grundwasserspiegels, Anpassung der Ökosysteme an die neuen Gegebenheiten. Wäre das eine Erklärung, die du akzeptieren würdest?
Aber um ehrlich zu sein: Als ich die Geschichte zuordnete, hatte ich nur das 20. Jahrhundert im Kopf. An das Teppichfass hatte ich nicht gedacht. Sorry.
Gruß Hubert





geschrieben von Bad Letters am 14.09.2025:
Kommentar gern gelesen.
Wir sind auf unserem Weiher früher jeden Winter Schlittschuh gelaufen. Heutzutage ist er vielleicht 1x in 10 Jahren noch so zugefroren, das man darauf laufen könnte. Sehr gerne gelesen!

MfG
Bad Letters




geschrieben von Metti am 14.09.2025:
Kommentar gern gelesen.
@Hubert Staller Genau. Die Welt ist ein einziges Teppichfass. Sie war es schon immer. 😊




geschrieben von Hubert Staller am 14.09.2025:

@Bad
Danke Bad für deine Bewertung. Auf unserem Weiher spielten wir als Kinder immer Eishockey. Mit selbstgebauten Eishockeyschlägern und angeschraubten Schlittschuhen. Und meist einen Tennisball zum Spielen. Die Eisfläche vom Schnee zu räumen, war oft aufwendig. Dieser Weiher wurde vom Grundwasser gespeist. Der Grundwasserspiegel ist in unserer Gegend stark gesunken. Diesen Weiher gibt es so nicht mehr. Er ist ausgetrocknet. Schade für die Kinder heute. Wir hatten eine schöne Zeit. LG Hubert.
@Metti
Das sehe ich auch so. Und es sollte Ansporn sein für alle, die noch eine Geschichte schreiben wollen. LG Hubert.


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