Veröffentlicht: 11.11.2025. Rubrik: Historisches
Das geflüsterte Versprechen Teil12
Dies ist der 12. Teil der Geschichte. Wer die ersten Teile noch nicht kennt, findet sie unter: Historisches - "Das geflüsterte Versprechen TeilX"
Kapitel 31:
Johanna wartete, solange es der Anstand zuließ. Sie ließ Clara und Alexander im Lager allein, spürte jedoch mit wachsender Unruhe, wie die Zeit verstrich. Behutsam, auf leisen Sohlen, näherte sie sich schließlich dem Lager, bedacht darauf, ihre Präsenz nicht als Störung erscheinen zu lassen.
Als sie zwischen den geöffneten Türen Clara und Alexander dastehen sah, einander näher als je zuvor, ging ihr für einen flüchtigen Moment das Herz auf – Freude, aber auch eine eigentümliche Wehmut durchströmten sie. In Claras Augen lag jenes Glück, das Johanna oftmals selbst ersehnte, und mit plötzlicher Klarheit spürte sie ihre eigene Sehnsucht nach jenem fernen Schatz, der jetzt tiefer denn je in ihren Gedanken wohnte.
Vorsichtig, mit einem sanft-klopfenden Gefühl, machte Johanna auf sich aufmerksam und winkte die beiden zurück in die Gegenwart. Ihr Blick verriet Verständnis und auch ein wenig Sorge, doch ihre Stimme blieb freundlich und leise, als sie sagte: „Verzeiht, aber vielleicht ist es an der Zeit, die Welt draußen wieder an uns heranzulassen.“
So führte Johanna mit stiller Verantwortung die kleine Gruppe aus dem Schutz ihrer eigenen Gefühle zurück in die Wirklichkeit des Blumenladens, wo der Tag in warmem Licht überging und zwischen Blütenduft und Alltag ein neues, feines Band der Verbundenheit entstand.
Kapitel 32:
Langsam lösten sich Clara und Alexander aus der magischen Stille, die sie umgeben hatte. Der Duft der Blumen, das sanfte Licht auf Claras Wangen und die Nähe zwischen ihnen ließen sie einander für einen Moment vergessen, in welcher Welt sie sich eigentlich bewegten. Als Claras Finger noch immer auf Alexanders Wange ruhten, wurde ihr ganz bewusst, wie vertraut und doch aufregend dieser leichte Bartansatz unter ihren Fingern war. Es war ein sinnliches Gefühl, das Wärme spendete und zugleich ein leises Prickeln mit sich brachte. Clara spürte, dass sie dieses Detail an Alexander wie ein heimliches Geschenk liebte.
Als Alexander schließlich – offensichtlich mit innerem Widerstand – seine Hand langsam zurückzog, öffnete sich zwischen ihnen eine neue, noch bedeutungsvollere Verbindung. Plötzlich, wie von einer inneren Regung geleitet, strich Alexander mit dem Daumen leicht über Claras Lippen. Ein Schauer durchfuhr sie, so zart und zugleich so mächtig, dass es ihr fast den Atem nahm. Noch nie hatte sie so etwas gespürt, und ein nie dagewesenes Feuer begann in ihr zu brennen.
Die Welt jenseits des Lagers und der Blumen existierte nicht mehr; alles war auf den einen Moment zwischen ihren Blicken und Berührungen reduziert. Clara wusste, dass sie ihre eigenen Gefühle kaum einordnen konnte. Sie fühlte sich überwältigt von einer Welle aus Sehnsucht, Erwartung, Angst und Glück zugleich.
Während Clara in Alexanders Augen blickte, wurde ihr klar, dass Johanna in mancher Hinsicht recht gehabt hatte: Die zurückhaltende Erfüllung ihres Wunsches hatte ihre Sehnsucht gestillt, aber zugleich etwas viel Größeres entfacht. Sie spürte, wie ein noch tieferes Verlangen in ihr erwachte – eine Sehnsucht, größer, als sie je gekannt hatte und zugleich von einer glücklichen Unsicherheit erfüllt.
Clara wusste nichts über ihre Zukunft, nicht einmal über die nächsten Minuten, doch eines war ihr jetzt deutlich: Sie war bereit, dieses unbekannte Feuer in sich zuzulassen – und Alexander, dessen Berührung noch immer auf ihren Lippen nachklang, hatte ihr den Einstieg in diesen neuen Abschnitt ihres Lebens geöffnet.
Kapitel 33:
Nachdem Alexander und Johanna gegangen waren, blieb Clara allein in ihrem Zimmer zurück. Die Stille umhüllte sie wie ein sanfter Schleier, nur das leise Ticken der Uhr war zu hören. Sie legte sich vorsichtig in ihr Bett und schloss die Augen, während ihr Geist unaufhörlich das Erlebte des Tages durchlief. Seine Berührung – so leicht und doch so bedeutungsvoll – schwebte lebendig vor ihrem inneren Auge. Der leicht raue Bartansatz, der sich zärtlich unter ihren Fingern anfühlte, war ihr immer noch gegenwärtig, und sie liebte dieses Gefühl mit jeder Faser ihres Wesens.
Am klarsten blieb ihr der Moment, als sein Daumen zärtlich ihre Lippen berührte. Diese kaum wahrnehmbare Geste hatte in ihr eine Welle von Wärme und Verlangen ausgelöst, die sie kaum zu fassen vermochte. Die Berührung auf ihren Lippen ließ alle klaren Gedanken verschwimmen und tauchte sie in einen Strudel aus aufregender Unruhe. Ein wildes Pulsieren durchzog ihren Körper, ein werdender Funke, der sich unaufhaltsam zu einem lodernden Feuer auszubreiten schien.
Sie versuchte, sich zu sammeln, ihre Gedanken zu ordnen, doch immer wieder glitt ihr Blick zurück zu der Stelle, an der seine Finger ihre Haut gestreift hatten. Ihr Herz schlug schneller, und in ihrem Innern wuchs der Wunsch – ein sehnsüchtiges, fast verzweifeltes Verlangen nach mehr. Was musste es erst für Gefühle sein, wenn ein kurzer Kontakt ihrer Lippen diese Kraft entfalten konnte?
Sie stellte sich vor, wie es sein würde, wenn seine Lippen sie tatsächlich berührten – ein leicht überraschendes Kitzeln oder vielleicht ein sanftes, warmes Versprechen. Ihre Fantasie malte Bilder von Nähe und Zärtlichkeit, von stiller Vertrautheit und leidenschaftlicher Sehnsucht. Die Unwissenheit, wie es sich genau anfühlen würde, machte das Ganze nur noch berauschender und mysteriöser zugleich.
Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, das zwischen Scham und Hoffnung schwankte, ließ sie sich schließlich sinken. Der Tag war lang gewesen, doch in ihrem Herzen pulsierte eine neue Kraft – ein Wunsch, der sie trug und der sich in zarten Träumen und freundlichen Gedanken manifestierte. Mit dieser leisen Sehnsucht verwoben sank Clara in einen tiefen, friedlichen Schlaf, bereit, das Kommende zu empfangen.
Kapitel 34:
Alexander war verwirrt, als Johanna ihn bat, Clara bei etwas im Lager zu helfen. So etwas entsprach ganz und gar nicht der strengen Etikette, die ihm von Jugend auf eingeprägt worden war. Doch trotz seiner Zweifel verspürte er eine leise Freude in sich — endlich würde er einen Augenblick allein mit Clara verbringen können. Wie lange hatte er sich das schon gewünscht, wie oft hatte er davon geträumt, sie ohne Zuhörer und ohne Beobachter ganz nahe bei sich zu wissen?
Als sie das Lager betraten, wurde er von Claras entschlossenem Handeln und ihrer aktiven Art erneut überrascht. Sie hatte etwas von jener unaufdringlichen Selbstsicherheit, die Alexander tief beeindruckte. Ein warmer Schauer lief ihm über den Rücken, als sie ihn mit einem leicht koketten, fast herausfordernden Blick ansah und seine Hand nahm. Das Gefühl ihrer zarten Finger in seiner Hand war wie eine Brücke zwischen ihren Seelen.
Endlich, als seine Hand ihre Wange berührte, wurden die tiefsten Sehnsüchte in ihm erfüllt. Claras Haut fühlte sich weich und lebendig an, und die Ruhe, die sich in ihm ausbreitete, war unbeschreiblich. Er verlor sich vollkommen in diesem Augenblick, in dem die Welt stillzustehen schien und einzig ihre berührenden Hände und verschmolzenen Blicke zählten.
Doch die plötzliche Rückkehr zur Wirklichkeit kam mit Johannas leisem Auftritt. Als sie die beiden aus ihrer Verzückung riss, spürte Alexander in sich ein beinahe überwältigendes Verlangen, Clara zu küssen. Seine gute Erziehung, das strenge Korsett der Etikette, bewahrte ihn davor — und doch war es, als könnte er dem inneren Drang nicht widerstehen.
Langsam, so zart wie möglich, führte er den Daumen seiner Hand über Claras Lippen. Dies war mehr als eine Berührung — es war ein Flüstern von Verlangen, Hoffnung und einer aufkeimenden Liebe.
Die Wärme, die er in Claras Augen sah, entzündete in ihm eine tiefe, brennende Sehnsucht. Eine Glut, wild und unbezähmbar, entfachte in seinem Innern, und er wusste, dass diese Flamme nicht mehr zu löschen war. Im Schutz des abgelegenen Lagerraums, weit entfernt von den strengen Regeln ihrer Welt, begann ein neues Kapitel – ein Kapitel voller Sehnsucht, Gefahr und der zarten Hoffnung auf ein gemeinsames Morgen.
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