geschrieben 2025 von Matthias Stilke (CaptainX).
Veröffentlicht: 28.12.2025. Rubrik: Fantastisches
Soldatenleben
Soldatenleben
Zum Geleit
Die Vargr sind ein großes Volk und leben jenseits der kernwärtigen Grenzen des Großen Imperiums der Menschen. Sie sind intelligent und vom Aussehen her am ehesten als 'aufrechtgehende Hunde' zu beschreiben. Vargr haben eine vielseitige Kultur, in der das Rudelverhalten kompliziert ist und den meisten Menschen unverständlich bleibt.
Der Vargr-Soldat beschreibt Orte und Ereignisse, die anderswo ausführlicher erklärt werden. Seine Sicht auf die Dinge ist dadurch naturgemäß äußerst eingeschränkt und einseitig.
*
Nun sitze ich hier! Als Kriegsgefangener! So nennen die es - als ob ich ein Gefangener des Krieges bin! Es müsste eigentlich Sieger-Gefangener heißen! Gefangener der siegreichen Haarlosen!
Vier schwer bewaffnete Soldaten haben mich in eine andere Zelle verlegt und meine Pfoten an einem Tisch fixiert. Ich finde es lustig, dass sie mich immer noch für so gefährlich und diese Sicherheitsvorkehrungen für erforderlich halten. Einsam und verwundet. Ich weiß noch nicht einmal, wo ich überhaupt bin. Meine Chancen zu fliehen sind gleich null. Für mich ist der Krieg vorbei!
Die Uniform hatten sie mir abgenommen und mich in einen orangenen Overall gesteckt, der penetrant nach Affenchemie riecht. Bäh!
Oh! Die Tür geht auf. Zwei Affen in Navy-Uniform betreten den Raum und schließen lautstark die schwere Tür hinter sich. Ein Männchen und ein Weibchen - klar am Geruch zu erkennen. Ansonsten kann ich kaum Unterschiede wahrnehmen.
Das Weibchen sagt einige Worte in ihrer konturlosen Affensprachen, die in meinen Ohren alle gleich klingen. Dann stieß das Männchen sie an und stellt ein kleines Gerät auf den Tisch vor mir - einen Translator. Das Ding brabbelte sofort los.
Wie? Soldat sowieso und Soldat sowieso? Die Affenränge sagen mir nicht und die Namen klingen wenig eindrucksvoll und so ähnlich, dass ich gleich vergessen habe, welcher Name zu welchen Affen gehört. Die Beiden scheinen aber wichtig zu sein.
Ein Verhör also! Wusste ich es doch. Mutter Rrouszaell hat keinen Dummkopf erzogen! Was wollen sie wissen? Ganz klassisch Name, Rang und Dienstnummer? Ach, die haben sie schon!
Ja. Ich wurde bislang gut hier behandelt. Einmal haben zwei ihrer Leute versucht, mich ohne Translator mit besonders kurzen Kommandos zu disziplinieren. Die beiden haben sich prächtig amüsiert - ich habe den Humor aber nicht verstanden. Ein Offizier ging dazwischen und beendete dieses merkwürdige Verhalten.
Na, schön. Was noch? Alles? Wie alles? Von Anfang an? Na, meinetwegen. Das macht mir nichts. Ich bin fertig mit den Kfue. Ich hoffe, sie haben etwas Zeit mitgebracht.
Mein Name ist Narro Rrouszaell. Sergeant, 56.Gardebataillon, Kfue-Streitkräfte, jedenfalls bis vor einigen Wochen. Ich wurde vor etwa acht Jahren auf Garrghkha geboren. Doch, das stimmt! Ich glaube ein Garrghkha-Jahr entspricht über drei Affenjahre. Das muss so etwa 1080 eure Zeitrechnung sein.
Ich war der kräftigste Welpe im zweiten Wurf meiner Eltern. Zwei meiner Kagra, meine Wurfgeschwister, sind gleich in ihrem ersten Lebensjahr gestorben; mein jüngerer Bruder kam mit einer Behinderung auf die Welt. Dhophramat, das ist eine Krallendeformation, die ... interessiert sie nicht? Na gut.
Jedenfalls musste ich als Kind und Jugendlicher meinem Rudel dienen, wie alle anderen auch. Nein. Eine schulische Ausbildung steht nur den Welpen des ersten Wurfs zu.
Das machte aber nichts. Ich war schon immer groß und kräftig und konnte mich gut durchsetzen und lernte auf der Straße. Aber Botengänge und leichte Reparaturen an Dampfmaschinen waren auf Dauer nichts für mich. Meinen ersten Thezough gewann ich im Alter von fünf, also etwa 16 eurer Standardjahre. Thezough? Das kennt euer Übersetzer nicht? Es ist ein Ehrenkampf, eine Art Duell. Es ging um die Aufnahme in den Militärdienst.
Dann Grund- und Waffenausbildung. Es ist eine Ehre auf meiner Geburtswelt, eine Waffe tragen zu dürfen. Der Soldatenstand ist dort sehr angesehen.
Der Dienst war leicht. Gebäude bewachen, Transporte schützen, Razzien durchführen und ab und zu ein paar Junkies und Dealer abknallen. Hat Spaß gemacht. Bin dann auch schnell befördert und in der Kommandantur eingesetzt worden. Leider verfügte ich über ein ausgeprägtes Zahlenverständnis. Irgendwann versetzte mich mein Kommandant dauerhaft ins Hauptquartier, mit der Aussicht, nach ein paar Jahren einen Job in der Militärischen Führungseinheit zu bekommen. Eine große Ehre, aber nichts für mich. Ich wollte raus. Da wo die Aktion ist.
Eines Tages hörte ich, dass ein Rekrutierungsschiff der Kfue-Streitkräfte auf dem Provinzraumhafen gelandet sei. Neugierig nahm ich mir einige Wochen frei und reiste so schnell wie es ging dorthin.
Ich war bislang kaum aus meinem Bezirk heraus gekommen und hatte die Wegstrecke zum Raumhafen unterschätzt. Die Reise dauerte fast zwei Wochen. Zum Glück lag das Schiff immer noch da und hatte seine Rekrutierungsquote noch nicht erfüllt.
Ich hatte noch nie so ein riesiges Raumfahrzeug gesehen. Es war so groß, dass es auf unseren Provinzhafen kaum hätte landen können.
Insgesamt wurden über 700 Vargr für die Kfue-Streitkräfte rekrutiert. Meist Jünglinge wie ich, die von dem langweiligen Leben auf Garrghkha die Schnauze voll hatten und das große Abenteuer zwischen den Sternen suchten. Aber es waren auch einige ältere Graufelle, auch Rudellose, dabei, die wirtschaftliche Not dazu zwang, ihre Heimat aufzugeben.
Alle Rekruten mussten umfangreiche körperliche und mentale Tests durchführen. Einige sagten, man müsse sich dabei nicht allzu sehr anstrengen, weil das Kfue-Militär sowieso alle Rekruten übernehmen würde. Dem war auch so. Jedoch sollten diese Tests nicht über eine grundsätzliche Eignung entscheiden, sondern nur zwischen 'Kanonenfutter' und 'brauchbaren Material' zu differenzieren. Erstere wurden den regulären Milizbrigaden zugeteilt, wo die Lebenserwartung recht kurz war und keine langwierige und teure Ausbildung benötigt wurde.
Ich war nicht so dumm und habe von Anfang an mein Bestes gegeben. Dadurch wurde ich einem Ausbildungsbataillon der Gardeeinheiten zugeteilt, wo es nur wenig Tendenz dazu gab, ihre Soldaten unüberlegt zu verheizen.
Über diese Hintergründe wusste ich allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nichts.
Das Kfue-Schiff war zwar sehr groß, aber ich fragte mich, wie eine so große Menge an Vargr transportiert werden sollten. Die Antwort kam prompt! Wir wurden in sargähnlichen Behältern gesteckt und durch viele Kanülen mit etlichen Injektionen unterschiedlicher Medikamente vollgepumpt. Es waren Kälteschlafkammern! Wir wurden für die zweiwöchige Flugzeit nach Okh Kfuekhue in einem Kälteschlaf versetzt. Ich hatte wie fast alle Garrghkhaner noch nie meinen Heimatplaneten verlassen und mich bereits auf die Eindrücke der Reise gefreut. Ich war über diese Reiseart ziemlich enttäuscht. Ich wusste aber glücklicherweise auch nicht, dass etwa 10% der Rekruten diese Prozedur nicht überleben werden und nach Ankunft in Okh Kfuekhue außenbords entsorgt wurden.
Ja, ja. Ich komme ja schon zur Sache.
Wie gesagt, steckten sie mich auf in ein Garde-Ausbildungsbataillon. Dort stellte ich schnell fest, dass ich weder zu den Stärksten noch zu den Klügsten meines Jahrgangs gehörte, doch an Ausdauer war ich allen anderen überlegen.
Die Grundausbildung dauerte sechs Monate und war hart. Waffen- und Ausrüstungstechnik waren der meiner Heimatwelt um über einhundert Jahre voraus - mein Wissen, Erfahrung und Rang hier nur einen Scheiß wert. Aber ich machte mich gut, war auf der Schulbank und im Feld immer vorne dabei. Am Ende kam mir die Zeit beim 131.Regiment auf Garrghkha wie ein Welpenparadies vor.
Heimweh? Quatsch. Hatte ich nie gehabt. Ist das nicht so ein Affenwort?
Was? Na schön. Am Ende der Ausbildung wurde ich dem 56.Gardebataillon zugeteilt - einer Eliteeinheit des Kfue-Militärs, die ich aber als gebürtiger Garrghkhaner nicht weiter kannte. Der Kommandant Major Khsaeghar galt als Legende unter den Kfue-Truppführern.
Ich hingegen war Außenseiter und wurde von meinen Kameraden oft schikaniert. Nur die Offiziere behandelten alle Soldaten gleich - streng, hart, aber gerecht.
Rivalität waren üblich, kann aber auch schädlich für die Moral und letztenendes negativ für Produktivität und Effizienz sein.
Als die Übergriffe durch meine Kameraden Überhand nahmen, schickte mich Bataillonsergeant höchstpersönlich zu einem medizinischen Basistraining. Damit konnte ich bei Bedarf für den Sanitätsdienst abgestellt werden. Ich war zwar immer noch in meiner Einheit außen vor, aber ab diesem Zeitpunkt ließen mich meine Kameraden in Ruhe. Niemand tritt jemanden in den Arsch, der sich um seine Verwundungen kümmern soll! Ein prächtiger Unteroffizier, dieser Dhougoghzu!
Okh Kfuekhue selber? Vom Planeten habe ich kaum etwas gesehen. Zwar lebten auch hier wie bei mir daheim Milliarden von Vargr, nur ich habe kaum jemanden außerhalb des Stützpunkts wahrgenommen. Das Land war grün vor Vegetation und die Ozeane riesig. Nichts erinnerte mich hier an meine Heimat.
Unsere Einheit war auf einer Halbinsel stationiert, fernab der Zivilisationszentren. Dort gingen Ausbildung und Drill ständig weiter.
Ich hatte zunächst große Probleme mit dem ungewohnt niedrigen Luftdruck der Atmosphäre und benötigte eine Zeit lang Medikamente und Atmungsausrüstung.
Ab und zu wurde unsere Kompanie zur Bewachung offizieller Gebäude oder Versammlungen der Regierung abgestellt. Wir stiegen dann in schnellen Truppentransportern, flogen um die halbe Welt, stiegen aus, dann Briefing und Einsatz. Nach ein oder zwei Wochen ging es wieder zum Stützpunkt. Fühlte sich eher nach Training als nach einem echten Einsatz an.
Erst nach einigen Monaten wurden drei Kompanien unseres Bataillons nach Angvurdh geschickt, um eine abtrünnige Provinz wieder in die Union einzugliedern. Nun kam ich auch endlich in den Genuss, eine Reise durch den Weltraum zu erleben. Einerseits eine einschüchternde Erfahrung, andererseits war die Zeit im Sprungraum langweilig - das Platzangebot zu knapp bemessen, um sich mal richtig auszutoben.
Die Kämpfe auf Angvurdh waren härter, als ich geglaubt habe. Exekutionen ohne Ende. Ich selbst habe höchstpersönlich drei Vargr im Kampf erschossen. Ein großartiges Gefühl.
Zwei Kameraden aus meiner Gruppe fielen, zwei weitere wurden schwer verwundet. Obwohl ich selber verletzt wurde, kümmerte ich mich um die Beiden. Von diesem Zeitpunkt an wurde ich von der Kompanie akzeptiert und in die Gemeinschaft aufgenommen.
Dezimiert, aber reich an Erfahrung kehrten wir nach Okh Kfuekhue zurück. Ich wurde Private First Class (das zweite Mal in meinen Leben) und erhielt das Verwundetenabzeichen des Kfue-Militärs.
Es folgten einige weitere Einsätze auf dem Planeten, die weniger aufregend waren und kaum Opfer forderten.
Dann sollte das 56. ein fünfzehnköpfiges Truppenkontingent auf der 'Thornspine', einer Kfue-Fregatte, stellen, die Saetskhars im Rahmen einer militär-diplomatischen Mission anflog. Ich war sehr stolz darauf, dass ich für diese Mission ausgewählt wurde - wenn aber auch nur als Sanitäter. Wir beschützten eine Klaue voll hoher Kfue-Militärs, die sich mit Saetskhars Anführern trafen. Um was es bei diesen Zusammenkünften ging, wurde uns natürlich nicht gesagt.
Wie? Hohe Offiziere halt. Admirale, Kommodores und sowas Auch einige Generäle waren dabei. Habe von den Typen allerdings nur selten welche gerochen.
Oh! Was ist das? Holobilder? Klar, ich kann ja mal schauen.
Also der war an Bord ... hmmm ... die auch ... die anderen nicht. Jedenfalls habe ich niemanden von denen gerochen, äh, gesehen. Aber der hier kommt mir irgendwie bekannt vor. Wer sind die denn? Entschuldigung. War nur eine Frage.
Der Dienst jedenfalls war langweilig, aber auch sehr anstrengend. Ständig mussten wir stundenlang und bewegungslos Wache an irgendwelchen Türen stehen. Wir waren praktisch immer in Dienst.
Auf Saetskhars war ich diesem Captain hier zugeteilt. Ich weiß nicht, was sie für eine Funktion hatte, aber sie blieb die ganze Zeit über an Bord der 'Thornspine'.
Nur ein- oder zweimal hatte ich Gelegenheit, Offiziere in Saetskhars' Straßen zu begleiten. Überall graue Betonarchitektur und Gefechtsschäden. Sehr deprimierend. Mir viel auf, dass die Soldaten hier sehr unterschiedlich ausgerüstet waren. Ich sah uralte Perkussionsgewehre, metallene Brustpanzer, moderne Sturmgewehre und schwere Teflonpanzerungen. Eine seltsame Mischung!
Zurück auf Okh Kfuekhue folgte wieder monatelanger Drill - insbesondere Gefechtssituationen auf Platoonebene in urbanen Gebieten. Ja. Urbane Gebiete habe ich gesagt. In dieser Zeit kamen Gerüchte über eine militärische Allianz mit dem Saetskhars-Reich auf. Für meine Kameraden war das kein Problem - für mich als Garrghkhaner schon. Die Saetskharser sind unsere Erzfeinde! Kriege? Ja ... Nein ... nicht seit meiner Geburt. Trotzdem: Jahrhundertelang haben diese Moosfresser unseren Planeten überfallen, besetzt und ausgeraubt. Große Gebiete der Metropole haben sie sogar mit Kernwaffen dem Erdboden gleich gemacht. Etliche millionen Garrghkhaner wurden ... jaja ... jedenfalls hieß es, ein Militärbündnis zwischen Kfue und Saetskhars würde imperiale Gebiete für die Vargr zurück erobern. Wieso? Keine Ahnung. Das wurde uns nicht gesagt. Ich glaube sogar, dass selbst die Offiziere nicht über die Hintergründe und Ziele informiert waren.
Sind sie jetzt enttäuscht? Sorry. Sah nur so aus. Soll ich weiter erzählen? Okay.
Schließlich wurden das gesamte Bataillon nach Saetskhars verlegt und in einem Lager außerhalb der Hauptstadt untergebracht. Von einem kühnen Vorstoß nach Berentin war die Rede. Und dann weiter nach Felton und schließlich Cal, dem Hauptquartier der Haarlosen in diesem Subsektor.
Was? Nein. Ich hatte bis dahin noch nie einen Affen gesehen. Also gut. Menschen dann eben, wenn sie darauf bestehen.
Angeblich gab es davon einige auf meiner Heimatwelt, aber die Metropole ist groß. Auf unserem Provinzraumhafen landeten manchmal Schiffe von Gvutson und natürlich von Saetskhars, diesem verlausten ...
Okay, okay. Schon gut. Von ... Menschen wusste ich nichts, außer dass sie sich langsam in unserem Subsektor ausbreiteten und unsere Ressourcen stahlen. So hieß es jedenfalls. Vom Oberkommando erhielten wir nur Informationen militär-taktischer Natur. Sie wissen schon: Dass Menschen schwache Krieger sind, die den ehrenvollen Kampf vermeiden und lieber aus dem Hinterhalt angreifen und so 'n Zeug. Damals habe ich daran geglaubt - musste daran glauben, denn andere Informationen gab es nicht. Nur einige Veteranen aus meiner Einheit waren skeptisch. Sie hatten bereits mit Menschenmilitär zu tun gehabt und festgestellt, dass eure Krallen nicht so stumpf sind, wie propagiert wurde. Aber Defätismus ist eine üble Sache - gerade bei den Kfue.
Im Bataillon wurde umgruppiert. Ich wurde Corporal und Assistant Group Leader der dritten Gruppe von 3/Bravo. Das Training ging weiter.
Eines Tages wurde das Bataillon bis auf eine Kompanie einem Gefechtsgruppenkommando der Vereinigten Streitkräfte in Marschbereitschaft versetzt. Unsere Mission war nicht etwa die Speerspitze für einen Angriff auf Berentin zu sein, nein, wir sollten die Besetzung von Garrghkha vorbereiten.
Was soll dabei ironisch sein? Dass ich mit den Todfeinden meines Volkes gegen mein Volk vorgehen sollte? Verstehe ich nicht. Ich hatte damals mein Rudel verlassen und mich einem Neuen angeschlossen. Wo liegt da bitte die Ironie?
Es wurde gesagt, dass diese Operation schon von langer Kralle aus geplant war, aber warum diese vorzeitig gestartet wurde, habe ich nie erfahren. Auch wenn das Oberkommando hierfür seine Gründe hatte - für uns war es eine Enttäuschung, denn Kfue hatte nie irgendein Interesse an meiner Heimat gehabt. Vermutlich war dieser Schritt ein Zugeständnis an das Bündnis mit Saetskhars. Wie dem auch sei ...
Wir wurden in großen Truppentransportern nach Sakhakh verlegt, wo ein, scheinbar überstürzter Truppenaufmarsch stattfand. Einige Flottenteile waren schon aufgebrochen, für andere lagen noch keine Befehle vor. Insgesamt machte dieser Feldzug auf mich einen unkoordinierten Eindruck.
Schließlich bekamen wir auch wir unsere Einsatzbefehle. Auf Garrghkha sollten wir einen Provinzraumhafen für verbündete örtliche Regimenter besetzen und danach verschiedene taktische und strategische Ziele bekämpfen und besetzen - unter anderem den Oligarchen von Sektha gefangen nehmen, einem der wichtigsten Mitlieder des Thraakh, dem hohen Rat der Metropole.
Sie haben richtig gehört 'Verbündete örtliche Regimenter '. Einige Oligarchen standen einem politischen Umschwung wohl nicht ablehnend gegenüber. Warum? Keinen blassen Schimmer. In dem Regiment meiner Geburtsprovinz, wo ich diente, hätte das Regime jedenfalls sich die Ohren abgerissen, bevor man sich mit planetenfremden Mächten verbündet hätte.
Nun, als wir landeten, gingen die Probleme los. Unsere ... Was? Ich sagte bereits, dass ich keine Probleme hatte, gegen Garrghkhaner vorzugehen. Bei der Kfue-Garde gibt es einen Spruch: 'Es gibt keine Probleme, nur Befehle.' Sinnig nicht? Nein? Auch gut.
Meine Geschwister? Meine Eltern? Waren sie schon mal auf Garrghkha? Dachte ich mir. Die Metropole ist groß. Unser operatives Ziel lag am anderen Ende des Stadtgebiets. Bin da noch nie gewesen.
Also: Wo war ich stehen geblieben? Ach ja. Unsere glorreichen 'Verbündeten' sind nicht erschienen. Dafür wurden wir von regimetreuen Regimenter derart massiv und gezielt angegriffen, dass bald schon das Wort 'Verrat' die Runde machte. Militärtechnisch und - taktisch hatte diese Truppe uns nicht viel entgegen zusetzen. Aber sie waren zahlreich und brachten uns unerwartet hohe Verluste bei und verzögerten weitere Operationen. Aber vielleicht war das ja auch ihr Ziel.
Junge, Junge! Ich hatte ja schon einige Schlachtfelder gesehen, aber die Zerstörungen in und um den Raumhafen waren immens. Ein Offizier forderte einen Orbitalschlag gegen eine feindliche Stellung an. Der Angriff war verheerend. Ein halbes Dutzend Gebäude stürzten in sich zusammen und brannten nieder. Viele weitere wurden unbewohnbar. Eine zentrale Hauptverkehrsachse war über Monate blockiert.
Ich erinnere mich noch: Das Terminalgebäude überragte die Nachbarhäuser. Vom Dach aus konnte ich in dem umliegenden Häusermeer hunderte Brände und Rauchsäulen sehen - bis zum Horizont! Später hörte ich, dass gleich zu Beginn die Garrghkha-Luftschiffflotte abgeschossen wurde. Einige dieser riesigen Wasserstoff-Fahrzeuge stürzten in die Metropole ab. Es hieß, ganze Provinzen haben wochenlang gebrannt!
Ne, warum? Ich habe einige Kameraden verloren. In Fahrzeugen bis zur Unkenntlichkeit verbrannt oder vom Großkaliber in Stücke geschossen. Natürlich! Viele Garrghkhaner sind getötet worden - die meisten Zivilisten. Na und? Wenn man Widerstand leistet, rollen Köpfe. Nicht schön, ist aber so!
Außerdem unterbrachen die Kämpfe und Zerstörungen die Wasser- und Nahrungsmittelversorgung. Zehntausende sind regelrecht verhungert. Es kam zu Aufständen gegen uns und den örtlichen Machthabern, was das Chaos noch verschlimmerte.
Wir wurden erst nach zwei Wochen von regulären Saetskhars-Truppen entsetzt und in die Basis im Sternenhafen verlegt - wo ich damals rekrutiert wurde. Erst dort wurden wir wieder gemäß unseres Einheitsprofil eingesetzt: Kleine Kommandounternehmungen, schnell und hart zuschlagen.
Neben der Zerstörung einiger militärischer Einrichtungen war der wichtigste Einsatz das Freikämpfen der Dhoughasz-Brücke, die die Provinzen Sektha und Saeksaedzog verbindet. Saeksaedzog's Truppen hingen hier bereits seit vielen Wochen fest und konnten ihre mobilen Einheiten nicht weiter in die Metropole verlegen. Wir griffen zwei oder drei Regimenter von hinten an und innerhalb weniger Stunden war der Weg frei.
Nachdem nun die Saeksaedzog-Miliz Operationsfreiheit hatte, wurden wir wenig später zur Auffrischung nach Saetskhars verlegt. Unsere Verluste waren moderat: 27 Gefallene, 34 Verwundungen - keine Vermisste oder gar Deserteure. Mein Groupleader übernahm eine andere Gruppe, ich defakto meine Gruppe, obwohl die Beförderung noch ausstand.
Nach einer Woche Erholung begann das Training wieder. Diesmal lag der Fokus auf taktischen Geländekampf in Gruppenstärke. Wie sich bald heraus stellte, war auch das wieder ein Fingerzeig auf unsere zukünftigen Aufgaben.
Schon müde? Dabei habe ich gerade erst angefangen ... okay. Nagut. Dann bis morgen.
*
Nachdem ich gefangen genommen wurde, hatte man mich auf irgendeine Affenwelt verschleppt. Ohne Chronometer oder anderen Zeitbezug haben morgen oder gestern keine wirkliche Bedeutung.
Nach einem längeren Aufenthalt in meiner Einzelzelle wurde ich wieder in den Verhörraum geleitet. Dort saßen zwei Affen. Ich kann beide am Geruch identifizieren. Es sind die gleichen wie beim letzten Mal.
Guten Morgen, das Herrchen und Weibchen. Das sagt man doch so bei ihnen, oder nicht? Oh, Entschuldigung. Das wusste ich nicht.
Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja. Wir wurden nach Saetskhars verlegt und für neue Aufgaben vorbereitet. Die Gesamtlage? Weiß ich nicht. Das Offizierskorps war aber über die vielen für eine Elitetruppe untypischen Einsätze unzufrieden.
Nach einigen Wochen wurde Bravo- und Charly-Kompanie nach Tumalan beordert. Die Enttäuschung war groß, denn es wurde im Allgemeinen damit gerechnet, dass das 56.Bataillon nun endlich geschlossen auf Berentin vorrückte. Über die Gründe wurden wir natürlich nicht informiert, aber wenn kein Bedarf an Eliteinfanterie in Berentin bestand, lief der Feldzug entweder außerordentlich gut oder mies.
Captain Kaerrgouggho übernahm das Kommando über beide Kompanien.
Auf Tumalan bin ich dann zum ersten Mal Affen ... Entschuldigung ... Menschen begegnet. Ich war nur mäßig beeindruckt von ihrer Kultur und technischen Möglichkeiten, bis mich jemand darauf hinwies, dass es sich um einen degenerierten Zweig von eurem Volk handelt. Dafür aber zahlreich wie Vargr auf Garrghkha, aber über den gesamten Globus verstreut.
Das Kfue-Ingineerscorps baute dort einen kleinen Versorgungsstützpunkt auf und wir sollten die Baumaßnahmen absichern und die einheimische Bevölkerung zur 'Mitarbeit' zu bewegen - für uns wieder eine unangemessen profane Aufgabe.
Probleme mit den Einheimischen hatten wir keine - ja, wir bekamen sogar neben den Zwangsverpflichteten nur selten einen zu Gesicht. Trotzdem gönnte sich das Oberkommando dort umfangreiche Verteidigungsanlagen. Anscheinend wurden Gegenangriffe und Störaktionen von den Menschen oder vielleicht sogar vom nahen Ouzvothon-Reich befürchtet, die Handelsbeziehungen mit euch unterhalten.
Aber alles blieb ruhig. Bald schloss sich die Charly-Kompanie wieder dem Vormarsch auf Baruta der Alpha- und Delta-Kompanie an. Nun wurde es spannend. Baruta gehört zwar nicht zum Imperium - trotzdem unterhaltet ihr dort einen militärischen Stützpunkt.
Doch. Natürlich. Eine Scoutbasis? Forschungseinrichtung? Bei uns ist es das gleiche wie eine Militärbasis. Auf jeden Fall würde eine Besetzung von Baruta dadurch ein feindseliger Akt gegen die Menschen sein und wir brannten alle darauf, uns mit den Menschensoldaten zu messen.
Leider war ich nicht dabei. Bravo musste auf Tumalan weiterhin langweiligen Garnisonsdienst übernehmen, bis andere Einheiten aufgerückt waren. Diese ließen aber weiterhin auf sich warten.
Über den eingerichteten Kurierdienst erfuhren wir, dass auch Baruta im Handstreich genommen wurde, der Menschenstützpunkt ausgeschaltet und sogar einige Schiffe erbeutet wurden - darunter ein 400t-Kauffahrer. Mann, wäre ich gerne dabei gewesen!
Obwohl - ich habe gehört, dass sich die Menschen dort kampf- und ehrlos ergeben haben. Keine Waffen gehabt? Und dann so weit draußen hinter der Grenze? Selbst Schuld!
Schließlich wurden wir von einem Regiment aus dem Saetskhars-Reich entsetzt - ein trauriger Haufen einfacher Milizsoldaten.
Wir schlossen uns auf Baruta, dessen Raumhafen nun zu einer Festung ausgebaut war, dem Bataillon wieder an und ich wurde endlich zum Sergeant befördert. Mama wäre stolz auf mich gewesen!
Das nächste Ziel war Eathen. Die Einnahme sollte zeitgleich mit dem lang erwarteten Angriff auf Berentin erfolgen. Während Alpha, Bravo und Charly in die Transporter stiegen, blieb Delta zunächst auf Baruta zurück und wurde später durch eine Söldnereinheit abgelöst und in die Brigadereserve eingegliedert.
Endlich war es soweit! Der historische Einmarsch in das Hoheitsgebiet des Imperiums begann. Eathen war zwar nur eine kleine, unbedeutende Welt, gehörte aber zur Domäne eines euer Adligen. Die Verteidigungsmaßnahmen waren trotzdem erbärmlich.
Mit Hilfe der einheimischen Bevölkerung sollte der kleine, rudimentäre Raumhafen zu einem vorgeschobenen Stützpunkt zur Unterstützung des Hauptvorstoßes nach Berentin und Zermürbungsangriffe auf den Streifen ausgebaut werden.
Wir gingen mit der befohlenen und notwendigen Gewalt vor. Es fiel uns allerdings schwer, das Exekutionssoll zu erfüllen. Irgendwie war die Bevölkerung gewarnt worden und konnte sich uns durch Flucht in die Wälder entziehen. Da uns nun auch die eingeplanten Zwangsarbeiter fehlten, ging der Bau des Stützpunkts kaum voran. Die leichte Menschenmiliz war schnell überwältigt. Wir fanden jedoch Hinweise auf den Aufenthalt imperialer Agenten. Wir verloren bei den Einsätzen ein Fahrzeug und einige Leute. Aufgehalten wurden wir davon nicht, aber die mögliche Anwesenheit feindlicher Einheiten band Ressourcen und schränkte unsere Operationen ein.
Von dem Hauptangriff auf Berentin erhielten wir keine Informationen. Das Ausbleiben positiver Berichte deuteten einige Veteranen als schlechtes Omen.
Dann wurde plötzlich die Erweiterung des Stützpunkts gestoppt. Es hieß, die Flotte wurde umgruppiert und Korsarverbände aus unserem Abschnitt abgezogen. Ganz recht! Korsarverbände! Piraten? Quatsch! Ein riesiger Unterschied. Korsaren operieren in kleinen Gruppe, überfallen Welten, Schiffe. Wo der Unterschied liegt? Liegt doch auf der Hand, Affe! Es sind es gute Kämpfer, aber von zweifelhafter Loyalität.
Tut mir leid. Ist mir so rausgerutscht. Jedenfalls hörten wir da zum ersten Mal von einer engen Kooperation mit diesen Gruppierungen. Bei unseren Veteranen zuckten die Barthaare, als diese Informationen durchsickerten.
Mit ihren kleinen, leichten Schiffen taugten die Verbände eigentlich nur zu schnellen Überfällen auf den Streifen. Dass nun das Gros dieser Schiffe abgezogen und der Stützpunkt für diese Taktik nicht mehr im vollen Umfang benötigt wurde, war im Nachhinein ein weiteres schlechtes Zeichen. Der Feldzug schien nicht nach Plan zu laufen.
Dann passierte etwas Merkwürdiges. Ich war gerade auf Patrouille in den Wäldern unterwegs. Ich hörte, dass der Menschengeheimdienst den Stützpunkt infiltrierte, Aufmarschpläne stahl und mit einem Schiff der Korsaren ... ja, der Korsaren ... entkommen konnte. Ein starkes Stück! Unglaublich! Zum Glück geschah das unter der Schnauze eines hohen Offiziers des Oberkommandos, der gerade bei uns weilte und das Kommando übernommen hatte. Eine Untersuchung vom Oberkommandos konnte beim 56.Bataillon kein Fehlverhalten feststellen. Der Offizier hat es nicht überlebt. Dass ausgerechnet ein Korsarenschiff in diesem Vorfall verwickelt war, schürte weiteres Misstrauen im Offizierskorps.
Dann setzte der spärliche Informationsfluss gänzlich aus - auch die Versorgungslage verschlechterte sich. Es hieß, Großadmiral sei von der Front in sein Hauptquartier auf Saetskhars zurückgekehrt, um frische Kräfte zu organisieren. Frische Kräfte? Warum das denn? War der Durchbruch bei Berentin immer noch nicht vollzogen? Und Verstärkung könnte so erst nach vielen Wochen zur Verfügung stehen.
Master Sergeant erklärte mir, dass ein Kampf gegen das Imperium immer auch ein Kampf gegen die Zeit ist. Ihr Menschen habt große militärische Ressourcen. Euer strategischer Nachteil liegt in der weiträumigen Verteilung der Kräfte.
Die Stimmung sank, die Moral nicht.
Das Oberkommando zog einige Transporter ab. Vorausschauend verlegte Kommandant Teile seines Bataillons eigenmächtig hinter die Linien zurück. Keiner ging freiwillig. Kommandant musste regelrecht Heimkehrer befehlen. Ich war zum Glück nicht davon betroffen.
Nach einigen Wochen war schließlich eure Navy da. Wir lieferten euch einen guten Kampf, bis wir ohne Munition, Verpflegung und medizinischer Vorräte ehrenvoll aufgaben. Viele meiner Kameraden fielen, die meisten wurden verwundet - einschließlich Kommandant und mir.
Unsere Stellung bekam einen Volltreffer von einem eurer Geschütze. Drei Kameraden meiner Gruppe fielen. Mein Gesicht wurde von Steinsplittern übersät. Sieht cool aus, nicht? Ein Stück vom Ohr wurde abgerissen und mein Gehör geschädigt. Ich war blind und taub und roch nur noch mein eigenes Blut. Kräftige Hände packten mich und fixierten meine Pfoten auf den Rücken. Mein Sehvermögen kehrte langsam zurück. Ein Menschensanitäter versorgte meine Gesichtswunden. Zum Glück wurden die Augen nicht beschädigt. Obwohl er keine Ahnung von Vargr-Anatomie hatte, machte er einen guten Job.
Tja. Dann ging alles sehr schnell. Man steckte mich in einen Gefriertank und brachte mich hierher. Vermutlich bin ich auf Cal, oder? Okay. Militärisches Geheimnis. Verstehe schon.
Das war es nun - das Ende meiner Geschichte. Was ich jetzt machen werde? Weiß ich noch nicht. Nach Okh Kfuekhue gehe ich nicht zurück. Das Oberkommando hat uns im Stich gelassen, geopfert für nichts!
Vielleicht zurück nach Garrghkha. Ein eigenes Rudel gründen! Ja, stimmt schon. Meine Heimat leidet an Überbevölkerung und ich bin aus freien Stücken gegangen. Ich werde sicher nicht mit offenen Armen empfangen werden. Aber nun bin ich ein Kriegsheld und konnte eine Menge Sold ansparen! Da wird sich doch bei den Heimatregimentern etwas zu machen sein.
Und wenn nicht: Ich kann mich immer noch einer Söldnereinheit anschließen. Konflikte gibt es hier in Anfharwqzo genug und der gerade anlaufende Fünfte Grenzkrieg öffnet bestimmt ein breites Betätigungsfeld für Leute wie mich.
Geschrieben: Dezember 2025
Autor: Matthias Stilke





